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Besprechung CD

Naxos 8.557518-19

2 CD • 61min • 2001

07.01.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Ausgesprochen britische Akzente setzt diese insgesamt runde, gelungene Produktion der Gurre-Lieder in mehrerer Hinsicht: Hört man das Philharmonia Orchestra mit dem Prelude zum ersten Teil, fühlt man sich unwillkürlich in die Klangwelt von Arnold Bax’ Spring Fire versetzt. Leider bevorzugt das Orchester die in England noch vorherrschende Orchesteraufstellung mit allen Geigen links, obwohl Schönberg mit der Wiener Tradition von gegenüber sitzenden Geigen rechnete. Dabei hat gerade das Philharmonia Orchestra unter vielen Dirigenten seit Klemperer immer wieder unter Beweis gestellt, daß es mit der antiphonalen Aufstellung hervorragend zurecht kommt. Die monströsen Blechbläser, die im Tutti die Holzbläser oft unhörbar machen, sind ebenfalls eine besondere britische Orchesterkrankheit. Auch die Solisten sind überwiegend englischsprachig. Leider hört man dies insbesondere dem Tenor Stephen O’Mara an, der die Hauptrolle des Waldemar übernommen, doch mit der deutschen Aussprache so seine Schwierigkeiten hat. Andererseits könnte man derlei auch als Konzept verstehen: Der legendäre Musiker und Publizist Robert Craft am Dirigentenpult ist immerhin einer der besten Kenner von Werken und Komponisten des 20. Jahrhunderts. Schönberg selbst hat nach seiner Emigration in Amerika sicher ebenfalls mit solchen Problemen zu tun gehabt, wie der im Beiheft abgedruckte Brief zeigt, den Schönberg anläßlich einer geplanten Aufführung der Gurre-Lieder an den Kollegen Thor Johnson in Cincinnati schrieb. Craft scheint Schönbergs Anweisungen detailliert befolgt zu haben. Der Komponist wünschte sich beispielsweise für die Rolle des Erzählers „am besten einen Sänger, der nicht länger über die für große Partien notwendige Schönheit der Stimme verfügt. Wenn möglich sollte es eine hohe Stimme sein, ungefähr Tenor oder hoher Bariton, eine nicht zu fette, dicke oder bombastische, sondern eher eine leichte Stimme.“ Dementsprechend fiel die Wahl Crafts auf den nicht minder legendären alten Ernst Haefliger, der für diese Parade-Rolle in den Gurre-Liedern bei Dirigenten immer noch international gefragt ist. Und wenn sich Schönberg für den Klaus Narr einen „leichten, flexiblen Tenor“ wünschte, wäre der hier besetzte Martyn Hill trefflich charakterisiert, der übrigens mit dem Deutschen weit besser zurecht kommt als O’Mara, ebenso wie die amerikanische Mezzosopranistin Jennifer Lane in der Rolle der Waldtaube. Freilich umschifft sie in höheren Registern etwaige Sprachklippen geschickt mit ihrem üppig wogenden Vibrato...

Die Aufführung selbst steht auf hohem Niveau und läßt musikalisch wenige Wünsche offen. Sie ist also ein hervorragender Auftakt zu der geplanten Schönberg-Gesamteinspielung unter Robert Craft bei Naxos, und dazu in exzellenter Tontechnik: Die Aufnahme hat ein weites Panorama, ist räumlich gut durchhörbar (mit Ausnahme der ganz massiven Tutti), und mit der Balance zwischen Soli, Chor und dem riesig besetzten Orchester wäre auch Schönberg sicher sehr zufrieden gewesen. Bedauerlich ist das Fehlen des Librettos im Beiheft: Auch wenn ein derartiger Textabdruck nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen ein erheblicher Kostenfaktor sein kann, hat es doch insbesondere das englischsprachige Publikum mit einem deutschsprachigen Vokalwerk dieser Länge schwer.

Dr. Benjamin G. Cohrs [07.01.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Arnold Schönberg
1Gurre-Lieder (Oratorium für Soli, Chor und Orchester auf Gedichte von Jens Peter Jacobsen)

Interpreten der Einspielung

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