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Besprechung CD

Beethoven Fünf Klavierkonzerte Mit den Preisträgern der Beethoven Competition Bonn

Naxos 8.570749-51D

3 CD • 2h 52min • 2007

17.03.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Es ist verdienstvoll und vor allem für junge Musiker eine hilfreiche Information, wenn die Preisträger internationaler Wettbewerbe nicht nur in den Medien, sondern mit ihren Leistungen auch auf Tonträgern bekannt gegeben werden. Naxos hat sich in dieser Hinsicht um manche Aktualität bemüht, auch wenn die entsprechenden Editionen mit Gewinnern von Klavier- oder Gitarrenwettbewerben bis jetzt mit einigem Zeitverzug publiziert wurden. Dem Produzenten muss man freilich zugute halten, dass es sich nicht um Wettbewerbsmitschnitte wie im Umkreis der großen Konkurrenzen von Brüssel, Moskau oder Warschau handelt, sondern um Studioproduktionen sozusagen als Nachhall der jeweiligen Veranstaltung. In diesem Fall einer Darstellung der fünf Klavierkonzerte Beethovens haben wir es nun mit einem publizistischen Sonderfall zu tun, denn die Preisträger (und „herausragenden“ Semifinalisten) des 1. Bonner Beethoven-Wettbewerbs 2005 werden zwar in Live-Dokumentationen vorgestellt, aber die drei Konzerte fanden zwei Jahre später in der Kölner Philharmonie statt (genauer: am 26. Mai, am 2. und am 10. Juni 2007).

Die in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk und dem WDR mehr als solide erarbeiteten und von Naxos in ernsthaftem Bemühen präsentierten Aufnahmen erinnern einmal mehr an ein Grundproblem der nationalen, vor allem aber der oft entscheidenden, beruflich wie künstlerisch riskanten Musikwettbewerbe. Dürfen, sollen Pädagogen, zumeist namhafte Professoren ihre Schüler „mitbringen“? Können sie – selbst wenn sie ihre eigenen Schüler nicht bewerten bzw. punktieren – auch nur annähernd ruhigen Mutes und Gewissens einem Wettbewerbsverlauf folgen. Zumal sie ja die anderen Teilnehmer ins kritische Ohr nehmen und dann sehr wohl ihr Urteil in Punkten oder in einfachen Ja/Nein-Verfügungen zu Papier bringen? Hier nun in Bonn – und im Folgenden in der Kölner Philharmonie – waren es zumindest ein Kanditat, der seine Bestätigung in diesem Dunstkreis feiern durfte. Henri Sigfridsson – als Pianist und Interpret, als Gewinner des Weimarer Liszt-Wettbewerbes 1994, als gefeierter „Zweiter“ im Zürcher „Concours Géza Anda“ (2000) über jeden Zweifel erhaben – war zum Zeitpunkt der Bonner Wettbewerbspremiere Schüler des Jury-Präsidenten Pavel Gililov! Das wird die studentische Konkurrenz aus aller Herren Länder, aber auch hellhörige Musikfreunde immer wieder stutzig machen, selbst wenn – wie im Fall Sigfridsson – der Sieger eines Wettbewerbs über jeden Zweifel erhaben ist. Mein Vorschlag also einmal mehr: Schüler und Professoren müssen sich zumindest im Zeitraum eines Wettbewerbs voneinander verabschieden. Wer in einer Jury waltet, ist mit der Beurteilung eines eigenen Schülers überfordert. Und mit welchen (falschen oder gerechtfertigten) Hoffnungen geht ein junger Musiker in eine Konkurrenz, wenn er seinen Lehrer unter den Allmächtigen einer Jury weiß, die sich unter solchen Umständen auch noch wechselseitig geflissentlich zeigen (könnten)!

Abseits von dieser Thematik bieten die drei Preisträger und die zwei hinzu gebetenen Semifinalisten Leistungen in einer Bandbreite von höchst befriedigend bis ausreichend. Pletnevs ungemein eigenwillige Aufnahmen der fünf Beethoven-Konzerte unauslöschlich im Ohr, verharren alle fünf Interpreten in einer Wiedergabestilistik, die sich an Mustern normaler, technisch wohlsortierter Aufführungspraxis orientiert – an einer Grundhaltung also, die im Wettbewerbritus den Durchschnittswünschen einer bunt besetzten Jury entgegenkommt, zumindest jeden Anschein von Extravaganz im Keim unterdrückt. Es kommt also im Werben um die Gunst der professionellen Öffentlichkeit mehr um die ordentliche, besser noch: die brillante, also technisch fundierte Organisation der betreffenden Aufgabe an, weniger um eine ausgeprägte, also gefahrvolle Eigenmeinung. In dieser Hinsicht gebe ich der Juroren-Entscheidung recht, wenn sie dem Finnen Henri Sigfridsson mit seiner klugen, technisch geschmeidigen, insgesamt unauffällig konturierten Deutung des c-Moll-Konzerts den Vorzug vor den anderen Beethoven-Bewerbern gab. Die Träger der Preise 2 und 3 – die Japanerin Norie Takahashi und der aus Nizza stammende David Kadouch – bieten Beispiele nahezu ungestörter Geläufigkeit, zuverlässiger Lebendigkeit im Sinne wohlerzogener Subjektivität – Vorzüge, die man auch den beiden „Nachzüglern“ Igor Levit ((Russland) und Xiaohan Wang (China) zuerkennen muss. Mit ihnen und den zuvor Genannten macht das Kölner Kammerorchester unter Helmut Müller-Brühl eine recht gute Figur im Rahmen der Impulsgebung und der koordinierenden Assistenz.

Im Begleitheft sind alle Mitglieder des Ensembles aufgelistet. Dies Ehre sollte auch den Juroren des Wettbewerbs 2005 gegönnt sein, denn (wie oben beschrieben) sind sie auch an einer solchen Edition – wenn auch von langer Hand – beteiligt. Deshalb reiche ich die Herren dem interessierten Leser nach. Unter der Präsidentschaft von Pavel Gililov werteten: Dimitri Bashkirov (Russland), Bella Davidovich (USA), Homero Francesch (Schweiz), Cyprien Katsaris (Frankreich), Alfons Kontarsky (Österreich), Robert Levin (USA), Gerhard Oppitz (Deutschland) und Arie Vardi (Israel).

Vergleichsaufnahme: Pletnev – Gansch (DG 477 6415 – 17)

Peter Cossé † [17.03.2008]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 00:34:17
4Piano Concerto No. 2 B flat major op. 19 00:28:39
CD/SACD 2
1Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37 00:34:46
4Piano Concerto No. 4 G major op. 58 00:35:46
CD/SACD 3
1Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73 00:37:57

Interpreten der Einspielung

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