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Besprechung CD zum Thema
Russische Orchestermusik

BIS 1553

1 CD • 67min • 2005

18.08.2009

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Die vierte Sinfonie ist eine der ungewöhnlichsten, modernsten und kühnsten Kompositionen von Dmitri Schostakowitsch. Irritieren kann das sehr groß besetzte Werk schon aufgrund seiner Dimensionen: Weit ausgreifende, große Energien entfaltende Ecksätze von etwa gleicher Länge (fast 30 Minuten Dauer) umschließen einen kurzen, knapp zehnminütigen schnellen Satz. Im einleitenden Allegretto poco moderato mit seinen vielen Motiven, Varianten und Materialumdeutungen ist die Sonatensatzform noch erkennbar. Der rondoartige zweite Satz (Moderato con moto) fungiert als Intermezzo von nicht eindeutigem Charakter: teils ist er ruhig, teils bewegt, mal auch walzerhaft. Für das Finale wählte der Komponist eine freie Form: Der Satz beginnt mit einem dunkel getönten Trauermarsch (Largo) in Mahlerscher Manier. Es folgt ein ungewöhnlich langes Allegro mit scherzoartigen Episoden von groteskem oder sarkastisch-witzigem Charakter. Nach der ausgedehnten und sehr heftigen Coda enden Satz und Werk nicht triumphal, sondern sehr leise mit ausgehaltenen Streicherklängen und einem neunmal wiederholten Motiv in der Celestastimme.

Schostakowitschs Vierte zeugt von der Auseinandersetzung ihres Schöpfers mit den Entwicklungen der Neuen Musik in Europa, der Avantgarde, dem Futurismus sowie mit dem Werk Gustav Mahlers. Schostakowitsch hat sich Mahler kompositorisch nirgends mehr genähert als hier. Er wusste aber auch, wie gewagt diese Sinfonie war. Jedenfalls zog er sie in einer Zeit heftiger kulturpolitischer Attacken gegen seine Musik und aufgrund massiven Drucks vor der Uraufführung zurück. Das Werk kam erst 1961, 25 Jahre nach seiner Vollendung, in Moskau zur Premiere.

Mark Wigglesworth schreibt in einem lesenswerten Beitrag im Booklet u. a., der eigentliche Exzess des Werkes liege in der Form – „oder eher in dem offensichtlichen Mangel einer Form“. Doch dieser „Mangel“ ist eher eine gewollte Verunsicherung oder gar Provokation. Wigglesworth hat die stimmige Dramaturgie und den nötigen langen Atem für das große, ungewöhnliche Werk, er lässt ihm die ambivalenten Züge, das Changieren zwischen Klassik und Moderne, zwischen strenger und freier Form; er hat ein Gespür für die Auf- und Abschwünge, die zum Teil gewaltigen Kontraste ebenso wie für die „Überraschungen“ und die grotesk-sarkastischen Momente der Partitur.

Die Niederländischen Radio-Philharmoniker musizieren präzise, flexibel, virtuos, spannend, kontrastreich, sie bewältigen die großen Stürme wie die zurückhaltenden Passagen des Werkes bestens, entfalten intimes Spiel in den kammermusikalischen Passagen des zweiten und dritten Satzes, und sie treffen den spezifischen Tonfall dieses Stückes genau. Die Transparenz ist groß, Details gehen nicht unter.

Peter Heissler [18.08.2009]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Dimitri Schostakowitsch
1Sinfonie Nr. 4 c-Moll op. 43 01:06:44

Interpreten der Einspielung

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