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Besprechung CD

DG 477 9355

1 CD • 66min • 2010

17.03.2011

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Kein Zweifel, Gustavo Dudamel besitzt eine besondere Affinität zur Musik Peter Tschaikowskys. Ist es die Gefühlsemphase, ist es der satte Effekt, der den rasant aufgestiegenen, nicht mehr ganz jungen Maestro aus Südamerika fasziniert? Auf jeden Fall bleibt es ein geschickter Schachzug, Tschaikowskys drei Fantasie-Ouvertüren nach Shakespeare, die oft nur als Füllsel der Sinfonie-Einspielungen benutzt werden, zu einer geschlossenen CD zusammenzufassen. „Tagelang befand ich mich wie in einem Rausch" – nein, das sagt nicht Gustavo Dudamel, das schrieb die junge Witwe Nadeshda von Meck, als sie mit dem Sturm erstmals ein Stück Tschaikowskys hörte und danach zu seiner Gönnerin wurde. Vielleicht befiand sich auch Dudamel bei seiner Interpretation in einem Rauschzustand, aber es ist kontrollierter Rausch. Bewusst und geschickt wird die Spanne zwischen vierfachem piano und fünffachem forte ausgeschritten. Trotzdem erhält man gelegentlich das Gefühl, Dudamel befinde sich bei den unteren dynamischen Regionen gewissermaßen in einem Wartezustand, um dann in den mächtigen Crescendi umso entschiedener zuzuschlagen.

Vielleicht liegt das auch an seinem „hauseigenen" Orchester aus Venezuela. Dieses hat sich anscheinend emanzipiert, heisst nicht mehr wie noch unlängst „Sinfonica de la Juventud Venezolana Simon Bolivar", sondern schlicht „Simon Bolivar Symphony Orchestra of Venezuela". Also ein Abschied aus den Gefilden eines strebsamen Jungensembles, bei dem man ob der jugendlichen Begeisterung instrumentale Unausgeglichenheiten eben generös überhören mochte. Das heisst natürlich auch, dass man in Caracas in die oberste Liga der sinfonischen Ensembles strebt, am liebsten im Verein mit dem inzwischen zu Weltruhm avancierten Chef, der trotz seiner Verpflichtungen in Göteborg, Los Angeles und anderswo offenbar gerne zu seinen Wurzeln zurückkehrt.

Freilich, gewisse Eigenheiten der tönenden Vergangenheit bleiben – zum Beispiel die Tatsache, dass die Bläser, hier zumal das Blech, brillant und draufgängerisch artikuliert und dass darob die Streicher wiederholt ins zweite Glied geraten. Kurzum, Violinen und Celli gelingt es bestenfalls im Ansatz, einen eigenen, profilierten Klang zu entwickeln. Das spürt man vorab in den teils zarten, teils schwelgerischen Liebesszenen, an denen zumal Romeo und Julia nicht arm ist. Wobei sich der Maestro zugegebenermaßen immer wieder um Stimmungsdichte bemüht – am schönsten gelingt ihm und seinen Mitstreitern dies am Anfang des Sturm, wo mit poetischen Farben die Zauberinsel hingepinselt wird. Später dann, wenn Caliban auftaucht und grelleres Kolorit gefragt ist, läuft das Simon-Bolivar-Orchester zu effektbewusster Form auf. Dank folglich an Shakespeare, dass er in seinen Stücken an dramatischen Konflikten nicht spart und damit sowohl Tschaikowsky wie dessen energischem Adlatus Dudamel die Gelegenheit zu lodernden Entladungen und – vorab in Hamlet – zu ziemlich lärmigen „exploits“ bietet.

Mario Gerteis † [17.03.2011]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Peter Tschaikowsky
1Hamlet op. 67 (Fantasieouvertüre nach Shakespeare) 00:18:39
2Der Sturm f-Moll op. 18 (Sinfonische Fantasie nach Shakespeare) 00:24:42
3Romeo und Julia (Fantasie-Ouvertüre nach Shakespeare) – Andante non tanto quasi moderato 00:22:14

Interpreten der Einspielung

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