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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Brahms • Ligeti

Horn Trios

BIS 1859

1 CD/SACD stereo/surround • 59min • 2010, 2011

12.03.2012

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Bis heute führt das Horn ein Schattendasein in der Kammermusik. Und das trotz solch gewichtiger Werke wie Brahms' Es-Dur-Trio für Horn, Violine und Klavier op. 40 und György Ligetis anlässlich des Brahms-Jahres 1982 als Auftragswerk entstandene Hommage à Brahms, das Trio für Violine, Horn und Klavier. Brahms und Ligeti behandeln dabei das Horn als absolut gleichberechtigtes Instrument und heben es weit über dessen traditionelle Einsatzmöglichkeiten hinaus. Beide Schöpfungen bergen ernste, bisweilen tragische Dimensionen, die Marie-Luise Neunecker (Horn), Antje Weithaas (Violine) und Silke Avenhaus (Klavier) mit traumwandlerischer Sicherheit durchmessen.

Der enormen Ausdrucksintensität des Brahms-Trios, einem Werk voller Poesie, Sehnsucht, Trauer, Schmerz, aber auch heller und freudiger Momente, einem Werk voller einnehmender Melodik, das kurz nach dem Tod von Brahms' Mutter entstand – dieser nie erlahmenden Ausdrucksintensität begegnen die drei Künstlerinnen gestalterisch stets hellwach. Nichts entgeht ihrer von permanenter Hochspannung gekennzeichneten Lesart; nicht die kleinsten Stimmungsumschwünge oder harmonischen und dynamischen Brüche im von Seufzermotiven durchzogenen Kopfsatz; nicht die fortwährend neue Bewegungsimpulse freisetzende Ruhelosigkeit des verspielten bis robusten Scherzos; keiner der konzertanten Momente des vor Leben und Lebenslust nur so strotzenden Finales; nicht einmal die kleinsten Gefühlsschwankungen des elegischen Adagio-mesto-Trauergesangs. Kurz und gut: eine an Nuancenreichtum und Innigkeit wohl kaum zu überbietende Interpretation.

Diese beeindruckende Hellhörigkeit kommt auch Ligetis so ideenreichem und mit unterschiedlichen kompositorischen Möglichkeiten arbeitendem Trio zugute. Mit Blick auf dessen harmonische Bauweise spricht Ligeti von einer „schieftonalen" Harmonik, innerhalb derer Zwölftonreihen auf schein-tonale Weise erschlossen werden und somit Grundlage für ganz eigene und unerwartete Melodiebildungen sind. Dazu kommen prägnante thematische Gebilde und die Verwendung traditioneller Formmodelle als Ausdruck der – so Ligeti – „Aufmüpfigkeit gegen die etablierten Konventionen".

Darin, und in der verblüffenden Emotionalität des sich fast schon gewalttätig steigernden Lamento-Finales einen Bezug zur deutschen Romantik zu sehen, halte ich allerdings für fragwürdig. Viel interessanter ist die Klanglichkeit dieses Werks. Ligeti nutzt für das Horn vor allem Naturtöne und untemperierte Obertöne. Dem gegenüber stehen die temperierte Stimmung des Klaviers und eine Violine, die davon in schöner Regelmäßigkeit abweicht. Das Ergebnis sind nicht nur ungewöhnliche, sondern immer wieder verwirrende Klangeffekte. Auch in dem fast einem Stück Weltmusik ähnelnden zweiten Satz, in dem Jazzelemente mit Einflüssen afroamerikanischer und Balkan-Musik konkurrieren. Wie im Brahms-Trio präsentieren sich Neunecker, Weithaas und Avenhaus technisch und musikalisch auf höchstem Niveau, zeigen sich klanglich perfekt ausbalanciert und erspüren höchst sensibel jeden einzelnen Ton.

Welche außergewöhnliche Kontrolle dabei hinter jeder einzelnen Tonformung steckt, das beweist schließlich die Hornistin Marie-Luise Neunecker in dem hoch virtuosen, die typischen Horn-Charakteristika herausstellenden und mit den verschiedenen Möglichkeiten der Tonformung spielenden Stück Solo X für Horn (2010) des Komponisten Kalevi Aho. Und das auf eine so phänomenale Weise, dass ihr das so schnell niemand nachmachen dürfte.

Christof Jetzschke [12.03.2012]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johannes Brahms
1Trio Es-Dur op. 40 für Violine, Horn und Klavier 00:21:07
5Solo X für Horn 00:07:39
György Ligeti
6Trio für Violine, Horn und Klavier (Hommage à Brahms) 00:22:47

Interpreten der Einspielung

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