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Besprechung CD

Wolfgang Amadé Mozart Arien & Lieder, Klavierkonzerte

gutingi 252

2 CD • 1h 52min • 2014

28.04.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 7
Klangqualität:
Klangqualität: 7
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Im Aktionsbereich der Mozart-Einspielungen ist in literarischer Hinsicht Bewegung zu bemerken. Die Ausführenden im Zusammenwirken mit den Produzenten – gelegentlich sind sie das in einer oder auch in mehrerer Personen –, sie orientieren sich an den Programmen etwa umfangreicher „Akademien“, wie sie zu Mozarts und später auch zu Beethovens Zeiten bis weit ins 19. Jahrhundert üblich, beliebt und für die Betreiber nicht selten auch einträglich waren. Die hier vorliegende und zur Diskussion stehenden Mozart-Aufnahmen, sozusagen mit Gerrit Zitterbart als musikalischem Hauptdarsteller, spiegeln zumindest im Variantenreichtum des Repertoires die im heutigen Konzertleben nur im Ansatz tolerierten Modalitäten, auch wenn es hier dem Hörer überlassen bleibt, eine Werkfolge nach historischem Muster zusammenzustellen. Denn die etwas rauh und ruppig daher kommende Norddeutsche Kammerakademie mitsamt ihrer Lüneburger Symphonikerkollegen ist auf CD 1 zunächst mit zwei Klavierkonzerten zu hören, während die rein orchestrale, die operndramatische und die Lied spezifischen Aufgaben auf die CD 2 verteilt wurden. Zudem wurde noch kurz vor Schluss und damit knapp vor der großen „Szene“ KV 505 für Sopran, Klavier und Orchester das dem Hammerflügel vorbehaltene Rondo KV 511 eingefügt – gleichsam zum pausierenden Durchatmen der am Ende noch einmal mächtig geforderten Sopranistin Heidrun Blase.

Die Soloparts der beiden Klavierkonzerte bewältigt und gestaltet Zitterbart mit Elan und Übersicht für die expressiven und klavierformalistischen Nuancen. Er macht somit im Verlauf der jeweils solistisch „geschmackvoll“ einleitenden „Ich-Passagen“Appetit auf das Originale. Und er lässt es sich auch nicht nehmen, das im Allgemeinen leider sehr gedehnt und breit angelegte „Elvira Madigan“-Andante (KV 467) in der Melodieführung zu straffen, wodurch jede Art feierlicher Weinerlichkeit unterbunden wirkt – und zugleich auch die Vermummung eines klingenden Andante-Antlitzes hinter einer romantisierenden Adagietto-Maske

Die zwei im Rahmen dieser Publikation verwendeten Anton Walter-Nachbauten klingen schlank, ja dünnhäutig, scheinen bisweilen auch ungehörig zu reagieren, so wie man sich das für die Mozartschen Konzertinitiativen vorstellen darf. Sie tönen im volleren Zugriff freilich meiner Ansicht nach auch ein wenig mürbe. Ein Umstand, der – wie schon angedeutet – auch für das Klangbild des Orchesters angemahnt werden darf. Auf diesem Sektor kann diese gutingi-Produktion nicht mit den Klavierkonzert-Einspielungen etwa der Archiv-Produktion (Levin – Gardiner), des BIS-Unternehmens (Brautigam – Willens) oder auch von Channel classics mit Jos van Immerseel konkurrieren.

Die variabel angelegte Vokalsektion ist von der rein literarischen Seite her betrachtend angehört ein Plus für den Gesamteindruck. Die Arie der Susanna „Un moto di gioia“ aus dem Figaro ist (als Premiere?) in Mozarts originaler Klavierfassung zu erleben, die beiden weiteren Opernauszüge gehören zum kantablen Weltkulturerbe überhaupt. Mit der aus Dortmund stammenden Sopranistin Heidrun Blase wurde eine Interpretin verpflichtet, die ein angenehmes Timbre und gestalterische Aufmerksamkeit zu bieten hat, sofern die Nummern opernstrategisch nicht ins Dramatische tendieren, vor allem aber die Stimme nicht expansiv in die Höhe zwingen. Hier verliert die Sängerin die Kontrolle, ihr Sopran explodiert förmlich wie ein überhitzter Fesselballon. Ihren Gesangstil – so ist im Begleitheft zu lesen – hätte Elisabeth Schwarzkopf mit entscheidenden Impulsen maßgeblich geprägt. Ich bin sicher – und in Kenntnis von Schwarzkopfs pädagogischen Leitlinien –, hier hätte die unerbittliche Pädagogin Einspruch erhoben! Denn Heidrun Blase bewegt sich hier – bewußt oder nur unkontrolliert – in Richtung veristischer, hoch-expressionistischer Bühnendrsatik.

Mit den Liedern und somit gewissermaßen mit angezogener sopranistischer Handbremse hat Heidrun Blase keine Probleme, sofern man sich mit einer den Texten und der kompositorischen Linie munter verpflichteten „Lesart“ begnügt. Einige der wirklich wichtigen Lied-Einspielungen sind weiter unten angeführt. Sie bleiben – in den verschiedensten Nuancierungen und Farbgebungen – unter den knapp geschilderten Umständen aktuell und für die Beschäftigung mit Mozarts Liedschaffen vorbildlich.

Vergleichseinspielungen – Lieder: Elisabeth Schwarzkopf – Walter Gieseking (EMI LP 1015781), Elisabeth Schwarzkopf – Gerald Moore (EMI 5 65860 2), Elisabeth Schwarzkopf – Geoffrey Parsons (EMI 5 65860 2), Barbara Hendricks – Maria João Pires (EMI CDC 7 54007 2), Rita Streich – Erik Werba (DG 437 680-2), Erika Köth – Günther Weißenborn (Berlin classics 0091252 BC), Juliane Banse – András Schiff (ECM 461 899-2), Edith Mathis – Karl Engel (Novalis 150010-2), Kathleen Battle – James Levine (DG 415 361-1 – Salzburger Festspiele 1984)

Peter Cossé † [28.04.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolfgang Amadeus Mozart
1Konzert Nr. 21 C-Dur KV 467 für Klavier und Orchester 00:28:13
4Konzert Nr. 23 A-Dur KV 488 für Klavier und Orchester 00:26:29
CD/SACD 2
1Der Schauspieldirektor KV 486 00:04:11
2Ei parte… Per pietà, ben mio (2. Akt: Arie der Fiordiligi - aus: Così fan tutte KV 588) 00:09:09
3E Susanna non vien... Dove sono i bei momenti (3. Akt: Arie der Gräfin - aus: Le nozze di Figaro KV 492) 00:06:40
4Un moto di gioia mi sento KV 579 00:01:40
5Ariette KV 295b KV 308 (Dans un bois solitaire) 00:03:10
6Der Zauberer KV 472 00:02:03
7Das Veilchen KV 476 00:02:27
8Als Luise die Briefe ihres untreuen Liebhabers verbrannte KV 520 00:01:32
9Abendempfindung an Laura KV 523 00:04:23
10Sehnsucht nach dem Frühlinge KV 596 00:01:13
11Rondo a-Moll KV 511 00:09:29
12Ch'io mi scordi di te - Non temer, amato bene KV 505 00:10:20

Interpreten der Einspielung

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