
Mercury 00289 481 1409
1 CD • 62min • 2014
05.05.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Beim Lucerne Festival in diesem Sommer kommt es zu einer reizvollen Konstellation. Am 1. September, bei einem Debüt-Konzert (eine Reihe, wo hoffnungsvolle Nachwuchstalente vorgestellt werden), tritt der Klarinettist Andreas Ottensamer im diskreten Rahmen des Casineums auf. Am gleichen Abend dann präsentiert sich der gleiche Musiker im imposanten KKL als Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle. Kurzum, der 26jährige Österreicher gehört zu den phänomenalen „rising stars“ unter den Instrumentalisten. Dass das alles andere als Zufall ist, belegt seine aktuelle CD mit Fixierung auf Johannes Brahms. Ausgangs- und Schwerpunkt ist das Klarinettenquintett des reifen Meisters, für das sich Ottensamer mit „gleichgestimmten“ Streichern, an der Spitze der Geiger Leonidas Kavakos, umgeben hat. Ein melancholisches Alterswerk als Herausforderung für ein erstaunliches Jungtalent, das mit einer Fülle von Facetten eine bemerkenswerte Einfühlung in verhangene Klangwelten erkennen lässt. Geduldig und wirklich nicht überhastet – die Wiedergabe dauert sogar, gerade im zentralen Adagio des zweiten Satzes, um einiges länger als in vergleichbaren Aufnahmen etwa mit den Klarinettisten Sabine Meyer oder Martin Fröst.
Schon der Brahms-Freund und Kritikerpapst Eduard Hanslick war über dieses Stück ins Schwärmen geraten. Er ahnte „dunkles Abendrot“ und erkannte im erwähnten Adagio „das Bild eines jungen Hirten, der in der Einsamkeit einer ungarischen Ebene schwermütig seine Schalmei bläst“. Genau diesen letzten Gedanken greift Ottensamer, der von mütterlicher Seite her ungarischer Abstammung ist, im zweiten Teil seines CD-Rezitals auf. Nämlich magyasierende Stücke vorab aus den Ungarischen Tänzen von Brahms – so nennt sich denn auch die gesamte Edition „Brahms – the Hungarian Connection“. Allerdings muss Ottensamer dabei zu Bearbeitungen greifen, für die sein Cello-spielender Kollege Stephan Koncz verantwortlich zeichnet; dazu fügt sich zu den Streichern sinnigerweise ein Zymbal. Was aber wichtiger ist: der Klarinettist erhält die Chance zu quasi grenzenlosem Brillieren, tänzerisch und mitreissend hier, expressiv verankert dort. Offenbar sind diese Interpretationen zum Teil sogar aus Improvisationssitzungen hervorgegangen. Andreas Otttensamer kann eben einfach alles.
Zur Abrundung gibt es am Schluss noch weiteres Östliches, nämlich zwei Sätze des Ungarn Leo Weiner und eine Zusammenstellung von traditionellen Tänzen aus Transsylvanien – also, samt Akkordeon, ein kleiner Ausflug nach Rumänien. So wie Ottensamer beim bewussten Luzerner Debüt-Konzert einen munteren Abstecher nach Argentinien zu Astor Piazzolla keineswegs scheut…
Mario Gerteis † [05.05.2015]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Clarinet Quintet b minor op. 115 for Clarinet, 2 Violins, Viola and Violoncello | 00:39:50 |
5 | Walzer A flat major op. 39 No. 15 | 00:02:50 |
5 | Ein kleiner, hübscher Vogel op. 52 Nr. 6 | |
6 | Ungarischer Tanz No. 7 F major – Allegretto | 00:02:10 |
7 | Ungarischer Tanz No. 1 g minor for Piano – Allegro molto | 00:05:26 |
Leó Weiner | ||
8 | Búsuló juhász | 00:02:27 |
9 | Csűrdöngölő | 00:02:00 |
trad. | ||
10 | Dances from Transylvania | 00:06:47 |
Interpreten der Einspielung
- Andreas Ottensamer (Klarinette)
- The Hungarian Connection (Ensemble)