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Besprechung CD

Ondine ODE 1254-2D

2 CD • 2h 19min • 2014

27.07.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Ich weiß nicht, ob der Name der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Minna Canth (1844-1897) bei uns ein Begriff ist, obwohl viele ihrer Texte ins Deutsche übersetzt wurden, in Finnland jedenfalls ist sie eine Art Nationalheiligtum: ihr Geburtstag am 19. März wird offiziell als Tag der Gleichberechtigung mit Beflaggung aller öffentlichen Gebäude gefeiert.

Auch in ihrem literarischen Werk, das dem Naturalismus zuzuordnen ist, stehen die Frauenrechte im Zentrum. Das im Aufbau an Ibsen erinnernde Drama „Anna Liisa“ (1895), in ihrer Heimat viel gespielt und mehrfach verfilmt, behandelt die Geschichte einer Kindsmörderin im kleinbäuerlichen Milieu. Anna Liisa war 15, als sie vom Knecht Mikko geschwängert wurde, der daraufhin das Weite suchte. Im Affekt tötete sie das Kind, das dann von Mikkos Mutter Husso im Wald vergraben wurde. Vier Jahre später steht sie vor der Hochzeit mit dem Bauernsohn Johannes, als Mikko zurückkehrt und alte Rechte geltend macht. Husso entdeckt den bis dahin ahnungslosen Eltern Anna Liisas den Kindsmord und versucht, sie zu erpressen. Doch Anna Liisa hält den Gewissensdruck, der auf ihr lastet, nicht länger aus, bekennt sich öffentlich zu ihrer Tat und stellt sich den Behörden. Weltanschaulich war Minna Canth stark vom späten Leo Tolstoj beeinflusst.

In dieser Geschichte, so lokal- und zeitbedingt sie sein mag, steckt zweifellos ein Opernstoff. Das Kunststück besteht allerdings darin, mehr als hundert Jahre später ein packendes, aktuell anmutendes Musikdrama ohne Patina daraus zu machen. Veli-Matti Puumala ist es in seiner ersten Oper, die im Auftrag des Savonlinna Festivals entstand und zu der er das Libretto selber schrieb, durchaus gelungen. Obwohl er sich der Zwölftontechnik bedient, hat er eine richtige Oper im traditionellen Sinne geschaffen, mit kleinen Solostücken wie Anna Liisas Wiegenlied und Hussos Ballade wie einem romantisch getönten Beinahe-Liebesduett, mit großen Vokalensembles und stimmungsvollen Zwischenspielen. Der Komponist arbeitet auch finnische Volksmusik ein, die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gesammelt wurde. In der Führung der Singstimmen dominiert ein kantabler Sprechgesang, die sattsam eingesetzten Chöre sind mal Handlungsträger, mal Kommentatoren, das aus nur 33 Musikern bestehende Orchester schafft einen hochexpressiven szenischen Kommentar, der noch mehr als die äußere die innere Handlung beschreibt.

Die Besetzung der vorliegenden Ersteinspielung entspricht im wesentlichen derjenigen der Uraufführung, die 2008 im Rahmen des Helsinki Festivals stattfand. Auch wenn es keine Vergleichsmöglichkeiten gibt, scheint mir die Umsetzung der Partitur durch die Tapiola Sinfonietta unter Jan Söderblöm optimal, in jedem Augenblick berstend vor dramatischer Innenspannung. Da Puumala seine Sänger vorweg kannte, konnte er ihnen die Partien gleichsam auf die Stimmbänder schreiben. Helena Juntunen zeigt in der Titelrolle eine reiche vokale Ausdruckspalette, was nicht weniger für die Zigeunerin Husso von Sanna Kurki-Suonio gilt, die von der Volksmusik herkommt und keine klassische Gesangsausbildung hat. Das übrige Ensemble ist tadellos, wobei etwas stört, dass sowohl die beiden Nebenbuhler als auch der Vater (unverwüstlich: Jorma Hynninen) Bariton singen, was beim Nur-Hören zu einer gewissen Einförmigkeit führt. Das Booklet enthält Kommentare und das Libretto in finnischer und englischer Sprache.

Ekkehard Pluta [27.07.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Veli-Matti Puumala
1Anna Liisa (Oper in drei Akten mit einem Prolog)

Interpreten der Einspielung

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