Schumann • Bach
Adventlied, Ballade vom Pagen und der Königstochter • Cantata BWV 105
Ondine ODE 1312-2
1 CD • 71min • 2017
01.06.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auch wer mit Robert Schumanns Vokalwerk einigermaßen vertraut ist, wird in dieser Kollektion des finnischen Labels Ondine noch einige Entdeckungen machen können: Zwei Kompositionen und eine Bearbeitung aus seiner Zeit als Direktor des Dresdner und danach des Düsseldorfer Musikvereins. Kurz nacheinander brachte Schumann im Dresdner Revolutionsjahr 1849, das den jungen Richard Wagner seine Existenz kostete, zwei geistliche Werke zur ersten Aufführung.
Wohl angeregt von Felix Mendelssohn-Bartholdys Neubelebungen der Bachschen Sakralmusik richtete er dessen Kantate BWV 105 nach dem Geschmack seiner Epoche ein. Der romantische Klang ist weit entfernt von unserem heutigen Verständnis dieser Musik, überzeugt aber in der vorliegenden Interpretation durch Innigkeit und Wärme.
Was der Komponist dem Studium von Bach und Händel verdankt, ist in dem Adventlied op. 71 zu vernehmen, das hier überhaupt zum ersten Mal auf Tonträgern festgehalten ist. Die vierteilige Ballade vom Prinzen und der Königstochter op. 140, 1852 unter Leitung des Komponisten in Düsseldorf uraufgeführt, ist eine szenische Kantate auf einen Text von Emanuel Geibel, der ein romantisches Thema – die unstandesgemäße Liebe eines Pagen zur Tochter des Königs – aufgreift und weiterführt. Der Jüngling bezahlt den „Frevel“ mit dem Leben, seine Leiche wird ins Meer geworfen. Der Meermann baut aus den Knochen eine Harfe, die zur erzwungenen Hochzeit der Königstochter mit einem Prinzen erklingt und deren Tod herbeiführt. Die Ballade wird abwechselnd von einem Alt und dem Chor erzählt, dazwischen liegen Dialoge der handelnden Personen. Das Orchester schafft mit Hornsoli, Posaunenchor und Harfenklängen die Stimmungen für die Meermusik und das höfische Hochzeitsfest.
Das Helsinki Baroque Orchestra spielt unter Leitung von Aapo Häkkinen auf Instrumenten der Schumann-Zeit, wobei der Dirigent eine eher episch-bedächtige als dramatisch zugespitzte Lesart wählt. Die Wahl eines Countertenors für die Erzählerrolle ist historisch nicht zwingend, Benno Schachtner entledigt sich ihr mit der Bemühung um plastische Textgestaltung. Die ist dem Philharmonischen Kammerchor aus Estland nicht nachzurühmen, der klanglich fraglos den gewünschten Effekt macht.
Carolyn Sampsons jugendlich blühender Sopran kommt bei Bach und im Adventlied noch besser zur Geltung als in der Ballade. Werner Güra, obwohl stimmlich dem Pagenalter entwachsen, ist nach wie vor ein lyrischer Tenor der Sonderklasse, was sich hier besonders in der Bach-Arie Kann ich nur Jesum zeigt. Die beiden Bässe von Cornelius Uhle und Jonathan Sells klingen ausgesprochen baritonal in Farbe und Substanz.
Ekkehard Pluta [01.06.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Vom Pagen und der Königstochter op. 140 (Ballade) | 00:17:29 |
Johann Sebastian Bach | ||
5 | Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht BWV 105 | |
Robert Schumann | ||
11 | Adventlied op. 71 für Sopran, Chor und Orchester | 00:17:29 |
Interpreten der Einspielung
- Carolyn Sampson (Sopran)
- Ülle Tuisk (Sopran)
- Benno Schachtner (Countertenor)
- Werner Güra (Tenor)
- Cornelius Uhle (Bass)
- Jonathan Sells (Bass)
- Estonian Philharmonic Chamber Choir (Chor)
- Helsinki Baroque Orchestra (Orchester)
- Aapo Häkkinen (Dirigent)