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Besprechung CD

Johann Sebastian Bach

Sonatas • Partitas • Suites
11 Movements from Sonatas and Partitas for violin solo arranged for recorder solo

Ondine ODE 1323-2D

2 CD • 1h 44min • 2017

21.07.2018

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 6
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 5

Bachs Werke für Solostreicher waren seit je beliebte Objekte für Bearbeitungen. Der Meister begann selbst damit, indem er die Fuge der g-moll-Violinsonate für Orgel und das Präludium der E-Dur-Partita als Einleitungssatz der Ratswahlkantate für Orgel und Orchester arrangierte. Ob die Bearbeitung der a-Moll-Violinsonate für Cembalo vom Komponisten selbst oder einem Schüler stammt, ist umstritten. Brahms und Busoni fertigten Klaviertranskriptionen der Chaconne und jüngst erschienen die Cembalofassungen der noch nicht im Bach-Umkreis bearbeiteten Sonaten und Partiten sowie der Cellosuiten 4-6 von Gustav Leonhardt. In allen Fällen fand eine Ausweitung des Klanges statt. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bearbeitete Frans Brüggen elf Sätze aus den Geigenwerken und die ersten drei Cello-Suiten vorrangig zu Studienzwecken für Blockflöte. Diese Bearbeitung besteht im Wesentlichen aus der Transposition der Werke in für die Altblockflöte geeignete Tonarten und in der Reduktion des Tonumfangs auf gut zwei Oktaven. Dabei stellte er die Ausführung der meist unveränderten Akkordgriffe in das Belieben des Interpreten, der sich aus diesem Material eine eigene Version zurechtlegen sollte. Dadurch umging er geschickt das Kardinalproblem der Darstellung von Mehrstimmigkeit auf einem von Natur aus einstimmigen Instrument.

Wäre Bolette Roed wirklich „the prepared mind“, als den sie sich im ausschließlich englischen Booklet (Punktabzug!) stilisiert, hätte sie besser daran getan, dieses Problem in Anlehnung an Telemanns Fantasien denn an Marais‘ Flötenarrangement seiner Follia-Variationen, in denen die Akkorde als vom Bass ausgehende Arpeggien vor der auf dem Schwerpunkt liegenden Melodienote realisiert sind, zu lösen. Schlimmer noch, sie bringt meist die Bassnote auf — anstatt — vor dem Schwerpunkt und zerstört damit die Melodielinie. Eine wesentlich intelligentere Lösung hätte an vielen Stellen darin bestanden, vom Melodieton aus abwärts zu arpeggieren oder Zweistimmigkeit à la Telemann in Sprünge aufzulösen. Zudem scheint der Interpretin der Unterschied zwischen freier Fantasie und relativ festem Tempo in Tanzsätzen nicht klar zu sein. Selbstverständlich bedürfen auch letztere der Agogik, aber keinesfalls eines undisziplinierten Rubatos. Ohne gezielt angespielte Phrasenhöhepunkte zerfließt die Musik in beliebiges Plätschern. So ist es unverzeihlich, wenn die 32-stel in der Allemande von BWV 1008 annähernd im Tempo der vorher zu schnell genommenen und ohne die Seufzerbindungen ausgeführten 16-tel gespielt werden. Auch scheint ihr das Verkürzen von Notenwerten zwecks Atmung unbekannt zu sein. Diese darf – nebenbei bemerkt – nur als besonderes Ausdrucksmittel auf dem Taktstrich erfolgen und sollte im Normalfall vor einem Auftakt erfolgen, da sonst der – gerade bei Bach – essentielle „Zug nach vorn“ verloren geht,

Die barocke Violintechnik kennt eine Vielzahl unterschiedlicher Artikulationsarten. Diese gilt es auf einem Blasinstrument entsprechend abzubilden. Wenn Bach Bögen setzt, heißt das nicht automatisch, dass legato gespielt werden soll, dahinter kann sich genauso gut einen Akzent oder eine im Zeitstil unübliche Phrasierung, verbergen. Auf jeden Fall ist nach jedem Bogen deutlich abzusetzen. Das funktioniert aber nur, wenn ein Bläser neben Portato und Legato auch noch diverse Staccatonuancen beherrscht, was hier leider nicht der Fall ist. Vollends lächerlich wird die Angelegenheit, wenn Wiederholungen ohne jegliche Veränderung gespielt werden. Da hilft es dann auch nichts, wenn zur Wiederherstellung der originalen Tonarten unterschiedliche Instrumente eingesetzt werden, zumal 12 Minuten Sopranflötenklänge am Stück eventuell Tinnitusalarm auslösen könnten. Wie unüberlegt hier insgesamt vorgegangen wurde, zeigen die beiden ersten Cello-Suiten, die sich mit weniger Stimmknickungen auf der Voice Flute spielen ließen, wenn man sie für die Griffnotation nach B-Dur bzw. f-moll transponierte, was fingertechnisch etwas unangenehm wäre, aber einem Meisterklassen unterrichtenden „prepared mind“ möglich sein sollte.

Thomas Baack [21.07.2018]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Partita No. 3 E major BWV 1006 for Violin solo 00:11:19
5Sonate No. 1 g minor BWV 1001 for Violin solo 00:03:56
6Sonate No. 2 a minor BWV 1003 for Violin solo 00:07:20
7Sonate No. 3 C major BWV 1005 for Violin solo 00:06:05
8Partita No. 2 d minor BWV 1004 for Violin solo 00:17:38
CD/SACD 2
1Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo 00:17:36
7Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo 00:19:48
13Suite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 für Violoncello solo 00:20:22

Interpreten der Einspielung

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