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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Tchaikovsky & Babajanian

piano trios

BIS 2372

1 CD/SACD stereo/surround • 73min • 2017

26.11.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Ich gestehe, dass ich dem Klaviertrio op. 50 von Peter Tschaikowsky nie sonderlich viel abgewinnen konnte. Die vorliegende Aufnahme bot also Anlass, eigene Vorurteile (mit knapp 50‘ Spieldauer zu lang, zu sentimental, zu aufgeplustert) erneut zu überprüfen und zu reflektieren, wie dieses Verdikt entstanden sein könnte.

Tschaikowsky schrieb das Trio als „Tombeau“ für seinen Freund und Förderer Nikolai Rubinstein, den Begründer des Moskauer Konservatoriums, und schuf damit den Typus des russischen „Trio elegiaque“. Das Werk stellt in allen Partien höchst virtuose Anforderungen und wird deshalb gern in Star-Besetzung musiziert, zumal viele Pianisten den oft sehr vollgriffig gesetzten Klavierpart für schwieriger als denjenigen des berühmten b-moll-Konzerts halten. In diesem Klangkontext kämpfen dann die beiden Streicher ums „akustische Überleben“, die emotional aufgeladene Thematik verführt zu möglichst weitem Dauervibrato, das die Intonation in den häufigen Unisono-Passagen von Geige und Cello vernebelt und zu einem al-fresco-Musizieren in Drama-Queen-Manier gerazu verführt. Der Komponist war übrigens nach Vollendung des Werks selbst im Zweifel, ob er hier nicht ein Sinfonie-Arrangement in Trio-Besetzung geschaffen hatte. Durch die Wiederaufnahme der Themen des „Pezzo elegiaco“ in der Coda des Finales schuf er eine zyklische Form, deren Vorbild das ähnlich ausgedehnte Trio in Es-Dur D 929 von Franz Schubert gewesen sein könnte, in dem das ebenfalls „elegische“ Thema des langsamen Satzes in den Couplets des Finalrondos erneut erscheint.

Vadim Gluzman, Johannes Moser und Yevgeny Sudbin beschreiten einen vollkommen anderen Weg. Sie haben das Werk genau analysiert, so dass jeder weiß, wann er Wichtiges zu sagen hat und dies unabhängig davon, wie technisch anspruchsvoll das weniger Wichtige gerade ist. Alle Phrasierungen sind feinst abgestimmt. Wunderbar, wie sich die beiden Streicher aufeinander einstellen und eine nahtlosen Klangverbindung zwischen der einmal nicht „wimmernden“ hohen A-Saite des Cellos zur sonor-schlanken tiefen G-Saite der Geige zu schaffen wissen. Das Vibrato ist in Geschwindigkeit und Amplitude so subtil angeglichen, dass man in den Unisoni glaubt, ein einziges großes Streichinstrument zu vernehmen. Yevgeny Sudbin beherrscht seine Virtuosenpartie derartig souverän, dass er ihn jederzeit transparent halten kann, ohne dessen Farbigkeit an irgendeiner Stelle reduzieren zu müssen. Köstlich, das flockige Leggiero der Glöckchenepisode des Variationensatzes!

Das Trio in fis-moll des armenischen Komponisten Arno Babajanian, der von Wissarion Schebalin und Aram Chatschaturjan ausgebildet wurde, greift die formelle Anlage Tschaikowskys in wesentlich kleinerem Maßstab auf. Ein apartes Stück, das es mit seiner kaukasisch inspirierten Tonsprache verdiente, öfter im Konzertsaal gehört zu werden. Das tänzerische Finale im 5/8-Takt dürfte zu frenetischem Beifall verleiten – allerding nur, wenn es annähernd so überzeugend gespielt wird, wie in dieser hinreißenden Aufnahme. Ein Extra-Lob gebührt Johannes Moser für seine eminent witzigen Pizzicato-Glissandi im von Sudbin arrangierten „zugegebenen“ Tango von Alfred Schnittke.

Den höchst positiven Gesamteindruck runden ein informatives Booklet und eine exzellente SACD-Aufnahmetechnik ab.

Fazit: Unbedingte Kaufempfehlung. Besser kann man das Tschaikowsky-Trio nicht interpretieren. Babajanian ist ein absoluter Geheimtipp, der wieder einmal beweist, dass auch im Jahre 1952 – trotz einhelliger Verdammnis der Adorno-Adepten – noch wertvolle und spannende tonale Musik geschrieben werden konnte.

Thomas Baack [26.11.2019]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Peter Tschaikowsky
1Klaviertrio op. 50 (À la mémoire d'un grand artiste) 00:48:20
Arno Babajanian
15Klaviertrio fis-Moll 00:21:30
Alfred Schnittke
18Tango (aus der Oper Life with an Idiot) 00:02:21

Interpreten der Einspielung

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