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Besprechung CD

Beethoven / Liszt

Symphony No. 9

Genuin GEN 21766

1 CD • 65min • 2021

14.11.2021

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Zweimal hat Franz Liszt Beethovens Neunte Sinfonie für Klavier bearbeitet, zum einen natürlich im Rahmen seiner Klavierarrangements sämtlicher Sinfonien Beethovens, wobei diese Fassung Gesangssolisten und Chor mit einbezieht. Rund fünfzehn Jahre zuvor, im Jahre 1851, hatte er jedoch bereits eine Fassung für zwei Klaviere erstellt, die ohne Gesang auskommt. In den letzten rund zwei Dekaden hat diese Version einige Male den Weg auf Tonträger gefunden, so etwa mit dem Duo Reine Elisabeth (Telos), McCawley / Wass (Naxos) sowie jüngst Cassard / Pescia (La Dolce Volta). In diese Phalanx stößt die neue Genuin-CD mit dem Klavierduo Chipak–Kushnir, das in Lwiw und Rostock seine Basis hat. Die Besonderheit dieser Einspielung (weshalb sie als Weltersteinspielung deklariert wird) ist, dass das Duo Liszts Bearbeitung um den Paukenpart aus Beethovens Originalpartitur ergänzt hat, gespielt vom jungen Spanier Francisco Manuel Anguas Rodríguez; eine Entscheidung, zu der die Interpreten im Beiheft auch eine kleine Stellungnahme abgeben.

Eine faszinierende pianistische Tour de Force

Zunächst ist einmal mehr Liszts fabelhaftes Arrangement hervorzuheben, das Beethovens Neunte in einen kammermusikalischen Kontext setzt, es dabei aber zugleich meisterhaft versteht, die Farben, Schattierungen und auch die schiere Klanggewalt des Orchesters auf zwei Klaviere zu übertragen, eine exemplarische Leistung, für die Pianisten im Übrigen eine veritable Tour de Force. Das Duo Chipak–Kushnir meistert die Herausforderungen insgesamt sehr gut. Speziell die drei schnellen Sätze überzeugen mit einem temperamentvollen, das dramatische Moment der Sinfonie betonenden Ansatz, ohne deshalb zu sonderlich schnellen Tempi zu neigen (anders etwa McCawley / Wass, deren Version dagegen in der Summe eher flüchtig wirkt und sinfonisches Gewicht vermissen lässt). Im langsamen Satz könnte der lyrische Fluss zum Teil noch stärker konturiert werden, etwa durch eine stärkere Differenzierung der Klangfarben und einer deutlicheren Herausarbeitung der verschiedenen Stimmen und Schichten.

Ungewohntes Klangbild mit interessanten Varianten

Eine zentrale Frage bei der vorliegenden Einspielung ist sicherlich, wie sich der Paukenpart in die Transkription integriert. Zunächst wirkt das a priori eher an Orff gemahnende Klangbild ungewohnt, und gerade zu Beginn der Sinfonie, etwa beim ersten Einsatz der Pauke, kann ich auch nach mehrfachem Hören ein gewisses Moment der Irritation nicht verhehlen. Im orchestralen Original ist der Paukenpart ja erst einmal eine Stimme von vielen, und es gibt Momente (wie den soeben beschriebenen), in denen ihm in der vorliegenden Fassung eher ein Zuviel an Bedeutung verliehen wird. Andererseits finden sich ebenso Passagen, in denen sich die Pauke bemerkenswert natürlich in das Geschehen einfügt, so etwa im Scherzo, in dem die Pauke ja auch im Original eine exponierte Rolle einnimmt, interessanterweise aber ebenso im gelegentlichen „Pochen“ des langsamen Satzes. Tatsächlich geht es hier nicht selten um Stellen, an denen Liszt explizit den Paukenpart einem der Klaviere zuteilt, und diese partielle Wiederherstellung der Originalbesetzung funktioniert gut. Speziell in der elementaren Wucht und (Eigen-)Dynamik des Finales begegnet man auch recht eindrucksvoll der vom Duo angeführten „Erweiterung des Klangvolumens an den Kulminationsstellen“ durch die Pauke. Weniger einleuchtend erscheint mir das Argument, die Pauke unterstütze „angesichts des natürlichen Ausklingens der Klaviere[,] den dynamischen Aufbau und die zeitliche Gestaltung in Spannungsbögen“, denn eigentlich trägt Liszts Transkription diesem Phänomen bereits selbst zur Genüge Rechnung – ein entsprechendes Defizit kann ich in ihr jedenfalls nicht erkennen (dass mit der Pauke natürlich eine zusätzliche dynamische Spanne hereinkommt, ist klar).

Lohnenswerte CD in vorzüglicher Klangqualität

Im Beiheft befindet sich zudem ein Essay des Pianisten Claus-Christian Schuster, der Beethovens Neunte, Listzs Transkription und ihre Erweiterung durch das Duo Chipak–Kushnir kontextualisiert (ob man seine tendenzielle Reserviertheit gegenüber Beethovens Chorfinale teilt und ob die Problematisierung mancher aus heutiger Sicht vielleicht befremdlich wirkender Passagen aus Schillers An die Freude nicht doch am Kern dieses Schlüsselwerks der Musikgeschichte vorbeigeht, ist eine andere Frage). Die Klangqualität ist ausgezeichnet und bildet den Dialog der beiden Klaviere vorzüglich ab. Als Fazit möchte ich die Hinzunahme der Paukenstimme in dieser Einspielung als interessanten Ansatz begreifen, der seine Meriten hat, wobei ich Liszts Original am Ende doch den Vorzug geben würde. Der Kauf der CD lohnt sich jedenfalls allein schon wegen der sehr guten Einspielung der Transkription selbst.

Holger Sambale [14.11.2021]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Franz Liszt
1Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 für 2 Klaviere (Beethoven) 01:05:18

Interpreten der Einspielung

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