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Besprechung CD

César Franck

Guild GMCD17830

1 CD • 72min • 2021

28.07.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

In diesem Jahr gedenken wir des 200. Geburtstags des großen César Franck und damit einer der prägendsten Figuren im französischen Musikleben des späteren 19. Jahrhunderts. Der Eindruck mag täuschen, aber ein wenig scheint Francks Musik in den letzten Dekaden an Popularität eingebüßt zu haben. Das ist bedauerlich, und umso willkommener ist es, dass das diesjährige Jubiläum eine Reihe von Neuerscheinungen mit sich bringt. Eine davon ist das vorliegende Album des mittlerweile wieder britischen Labels Guild, das die fünf wichtigsten kürzeren Orchesterwerke Francks aus seinen Reifejahren (zwei davon mit solistischem Klavier) in Neuaufnahmen vom November letzten Jahres herausbringt. Der argentinische Dirigent Francisco Varela leitet dabei das Philharmonische Orchester Lwiw, das bereits zu Sowjetzeiten in einer Reihe von Schallplattenproduktionen (vorwiegend mit Musik lokaler Komponisten wie Ljudkewytsch oder Kolessa) vertreten war.

Ansprechende Interpretation der „Eolides‟

Die CD beginnt mit einer ansprechenden Interpretation der sinfonischen Dichtung Les Eolides. Wie fast auf dem ganzen Album sind auch hier die Tempi eher auf der ruhigeren Seite, aber die Details dieser luftig-wogenden Musik fängt die Einspielung gut ein, auch wenn hier und da noch ein Quäntchen mehr Raffinesse möglich wäre. Ähnlich verhält es sich beim Morceau symphonique (dem Zwischenspiel) aus Francks großer Poème-Symphonie Rédemption: hier kommt speziell das weihevoll-ausschwingende Melos der Eckteile schön zum Tragen, etwas schwächer, weil nicht immer die Spannung haltend, der von Holzbläsersoli geprägte Mittelteil. Nicht ganz verhehlen lassen sich allerdings kleinere Defizite etwa bezüglich der Intonation, vgl. exemplarisch den vorletzten Akkord im Morceau symphonique.

Schwächen in der Gestaltung von Dramatik

Weniger überzeugen die Einspielungen dort, wo die Musik einen dramatischeren Zugriff erfordert, speziell also in Les Djinns und Le Chasseur maudit. Dass die gewählten Tempi sich besonders in den schnellen Passagen stets unterhalb der Partiturvorgaben bewegen, ist eine Sache, aber wirklich problematisch ist, dass gerade diese Abschnitte zu sehr Takt für Takt gedacht werden. Die Linie, die musikalische Richtung, das Drama kommt dabei zu kurz, und so entfachen Francks Dschinns keinen wirklichen Sturm, und die wilde Jagd am Ende des Chasseur spielt sich nicht Quasi presto ab, sondern kommt mit eher gebremstem Schaum daher. Hinzu kommen kleinere Unzulänglichkeiten wie die etwas unrhythmischen Sechzehntel in Fabio Banegas’ linker Hand vor Ziffer D in Les Djinns oder auch gewisse Wackler im Zusammenspiel, in den Djinns zum Beispiel acht Takte vor Schluss zu beobachten, wenn Solist und Orchester den Taktbeginn nie völlig zusammen realisieren. Ansprechender dann wieder die Variations symphoniques, wobei auch hier der Finalabschnitt in Fis-Dur zu verhalten genommen wird und man kleinere Details monieren kann, etwa was die Schärfe der Kontraste (das Werk beginnt eigentlich im Fortissimo), die Genauigkeit der Artikulation (Staccati z.B. erneut im Fis-Dur-Allegro non troppo der Variationen) oder auch die Ausgestaltung von Überleitungspassagen betrifft.

Ordentliche Klangqualität, solides Beiheft

Wie stark dergleichen ins Gewicht fällt, ist eine Frage des Vergleichsmaßstabs. Speziell wenn es um seltenes gespieltes Repertoire geht, gibt es ohne Zweifel etliche Aufnahmen, hinter denen sich die vorliegende Veröffentlichung nicht verstecken muss. Bei den hier eingespielten Werken ist die Konkurrenz allerdings größer, und es gibt Alternativen, die die vorliegenden Neuaufnahmen an Gestaltungskraft, Binnenspannung und Spielkultur übertreffen, wie etwa unter den Neuerscheinungen zum Franck-Jubiläum die 4 CD-Box mit dem Philharmonischen Orchester Liège bei Fuga Libera. Die Klangqualität entspricht insgesamt guten modernen Standards, wobei stellenweise die Balance nicht ganz befriedigend ist: die Blechbläser sind tendenziell eher laut, dagegen gehen die tiefen Streicher an manchen Stellen, an denen sie eigentlich melodieführend sind, etwas unter, nicht nur, wenn sich am Anfang des Chasseurs die Dynamik mehr und mehr steigert, sondern auch zu Beginn des Mittelteils der Sinfonischen Variationen, wo das Klavier zu sehr im Vordergrund steht.

Der Begleittext von Robert Matthew-Walker informiert solide über Werke und Umstände ihrer Entstehung, beim Morceau symphonique ist er allerdings in manchen Details etwas ungenau (der Text legt nahe, dass das Werk in aller Eile zum Gründonnerstag 1873 fertiggestellt wurde, tatsächlich vollendete Franck die erste Fassung bereits im November 1872, während es sich bei dem hier eingespielten Zwischenspiel um eine Neukomposition nach der Uraufführung handelt). Der Lapsus „Chausseur“ auf dem Cover und in der Trackliste ist eine (freilich sinnentstellende) Marginalie.

Holger Sambale [28.07.2022]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
César Franck
1Les Éolides op. 26 (Sinfonische Dichtung) 00:11:11
2Les Djinns op. 45 für Klavier und Orchester (Sinfonische Dichtung) 00:14:43
3Rédemption (Morceau Symphonique) 00:13:11
4Le Chasseur maudit (Sinfonische Dichtung) 00:16:11

Interpreten der Einspielung

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