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Besprechung CD

Bach Sonatas BWV 2037 – 1029 • Pärt Spiegel im Spiegel, Fratres

Prospero PROSP0061

1 CD • 58min • 2022

19.02.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Rund zwanzig Jahre nach ihrer ersten CD mit Musik von Schostakowitsch legt die Schweizer Bratschistin Annette Bartholdy beim jungen Label Prospero ihr zweites Album vor, und diesmal steht Johann Sebastian Bach mit seinen drei Gambensonaten BWV 1027 bis 1029 – hier in der Besetzung Viola und Klavier – im Mittelpunkt. Die Kopplung mit zweien der populärsten Werke Arvo Pärts (Fratres und Spiegel im Spiegel) ist sicher nicht alltäglich, ohne eine absolute Ausnahme darzustellen; als Parallele wird dabei (auch von Bartholdy) gerne eine gewisse spirituelle Dimension im Schaffen beider Komponisten genannt. Begleitet wird Bartholdy von ihrem langjährigen Klavierpartner Benjamin Engeli.

Agile, lebhafte Darbietungen

Grundsätzlich handelt es sich um solide musizierte, in der Tendenz eher agile, lebhafte Darbietungen. Im Falle ihrer Bach-Lesarten gehört Bartholdy zu den Interpreten, die Elemente der historisch informierten Aufführungspraxis in ihr Spiel einfließen lassen, dabei aber auf ein modernes Instrumentarium (und z.B. auch eine moderne Stimmung) zurückgreifen. Insbesondere fällt der weitgehende Verzicht auf Vibrato auf sowie die klare Tendenz, speziell längere Töne zu verkürzen. So werden etwa punktierte Viertel gerne einmal zu Achteln mit Pause (allerdings nicht immer unbedingt zu Gunsten des musikalischen Flusses, so gegen Ende des 1. Satzes der Sonate Nr. 3 in etwa ab T. 103). Analog dazu bevorzugt Bartholdy bei schnelleren Notenwerten in der Regel eine staccatonahe Artikulation, zuweilen sogar in langsamen Sätzen (vgl. etwa manche der Sechzehntel in T. 3 des 1. Satzes der Sonate Nr. 1). An den gelungensten Stellen der Allegro-Sätze entsteht so ein recht munter-konzertierender Eindruck, aber gerade in den langsamen Sätzen erreichen Bartholdy / Engeli nie die Ruhe, die Zeitvergessenheit, die z.B. Mischa Maisky (auf dem Cello) und Martha Argerich beispielsweise im 2. Satz der Sonate Nr. 3 mit weit geschwungener gesanglicher Linie ausstrahlen.

Polyphon angelegte Sonaten

Diskutieren könnte man über einige Detailentscheidungen, die etwas zu sehr von der Violastimme dieser ja ausgesprochen polyphon angelegten Sonaten aus gedacht scheinen. So bauen Bartholdy / Engeli im 3. Satz der Sonate Nr. 2 direkt vor T. 24 eine kurze Zäsur ein, was aber mit dem Haltebogen in der rechten Hand im Klavier schwer in Einklang zu bringen ist, denn hier geht die melodische Linie sehr wohl weiter. Im 3. Satz der Sonate Nr. 1 artikuliert Bartholdy die Gruppen von vier Sechzehnteln sehr explizit als 2+2, wohingegen im Klavier der Legatobogen stets alle vier Noten umfasst. Sicher gibt der Notentext eine solche Differenz grundsätzlich her, und doch spräche hier einiges dafür, etwas abzuschwächen und Bratsche und Klavier stärker anzugleichen, da beide Stimmen ja deutlich dialogisieren. Und wenn in Takt 26 des 2. Satzes der Sonate Nr. 3 die Viola zeitweise nur von einem G in der rechten Hand begleitet wird, gehen Bartholdy / Engeli noch einen Schritt weiter, lassen das Klavier pausieren und stellen diesen Takt als eine Art Kadenz dar. Andererseits greift die Viola hier auf, was zwei Takte vorher im Klavier geschehen ist, und insofern überzeugt mich die Idee, den Violapart hier zusätzlich zu exponieren, nicht vollständig.

Pärts „Spiegel im Spiegel“ als Ruhepol der CD

Als eigentlicher Ruhepol der CD fungiert Pärts Spiegel im Spiegel, eine Art Meditation in F-Dur, deren gebrochene Dreiklangsbewegungen im Klavier in der Tat Bach-Präludien (gewissermaßen in Zeitlupe) in Erinnerung rufen. Dagegen begreift das Duo die Fratres dann wiederum deutlich dramatischer, man höre etwa das erregte Passagenwerk in der Viola ab 3:20, wie die Interpretation mit einer Gesamtspielzeit von knapp neuneinhalb Minuten auch sicherlich zu den schnelleren Lesarten dieses Stücks zählt. Der Klang der CD ist tadellos, Geleitwort und der eher konzise Begleittext stammen beide aus der Feder Annette Bartholdys.

Holger Sambale [19.02.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Sonate Nr. 1 G-Dur BWV 1027 00:12:28
Arvo Pärt
5Spiegel im Spiegel 00:09:33
Johann Sebastian Bach
6Sonate Nr. 3 g-Moll BWV 1029 für Viola da gamba und Cembalo 00:13:31
Arvo Pärt
9Fratres 00:09:24
Johann Sebastian Bach
10Sonate Nr. 2 D-Dur BWV 1028 00:13:02

Interpreten der Einspielung

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