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Besprechung CD

Erato 3984-25490-2

2 CD • 2h 07min • 1997

01.06.1999

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Als eine Schöpfung der Blütezeit des Lebens und der heiteren Jugendfrische hat Carl Maria von Weber Mozarts Entführung aus dem Serail bezeichnet. Die Neuaufnahme durch William Christie und seine Arts Florissants wirkt wie eine Bestätigung von Webers – manchmal bestrittener – Charakteristik. Kaum jemals wurde das Werk mit solch jugendlicher Unbefangenheit musiziert wie diesmal. Diese schwebende Leichtigkeit der Wiedergabe ist jedoch keineswegs mit Oberflächlichkeit gleichzusetzen.

Es ist in neuerer Zeit mehrmals versucht worden, in Mozarts Türkenoper möglichst viel Tief- und Trübsinn hineinzustopfen. Fast immer sind diese Experimente gescheitert, denn die "lodernde Jugendkraft", die "Lust der Meisterschaft" (wiederum Weber) bricht sich in dieser Musik immer wieder freie Bahn. Christie und seine fabelhaften Musiker und Sänger haben somit einen Weg gewählt, der dem Werk keinen Zwang auferlegt.

Die Wiedergabe erfolgt nach der Neuen Mozart-Ausgabe (bei Bärenreiter). Christie hat den Sängern ziemlich freizügige Auszierungen der Vokalpartien gewährt. Merkwürdig, daß er dabei auf eine in älterer Zeit von Mozart-Experten erhobene Forderung verzichtet, nämlich auf die Erhöhung der ersten Note bei zwei gleichlautenden Tönen.

Die Aufnahme entspricht einer Bühnenwiedergabe, die im Jahr 1997 in Straßburg als Kooperation mit der Opéra National du Rhin gezeigt wurde. Das Sängerensemble ist von jungen, hellen Stimmen geprägt. Christine Schäfer läßt als Konstanze nicht allein Koloratur-Brillanz hören. Bedauerlich, daß der blühende Ton ihrer Stimme im Schlußteil des Werks, im Duett mit Belmonte, nicht in gleicher Weise zum Vorschein kommt wie davor in den Arien und Ensembles. Ian Bostridge (Belmonte) besitzt eine jener schmalen, fast geisterhaften Tenorstimmen, mit denen man sich erst ein wenig anfreunden muß, um ihre Fähigkeiten zu erkennen. Dieses Organ, das mit der Klarheit eines Laserstrahls geführt wird, vermag einen wahren Reichtum an Empfindung auszudrücken. In der schwierigen Rolle des Osmin ist Alan Ewing zu hören, dessen Stimme sozusagen in zweierlei Gestalt erscheint. Mit seinem Auftrittslied stellt er sich als lyrischer Bariton vor, doch wenn er zu seiner kräftigen, "rasselnden" Tiefe hinuntertaucht, kommen Töne zustande, die man dieser Stimme gar nicht zugetraut hätte. Außer den obligaten Tieftönen E, Es und D läßt er – außerhalb von Mozarts Notation – auch ein C hören (in der Arie Solche hergelauf'ne Laffen). Patricia Petibon (Blonde) besitzt eine gelenkige, leicht zur Höhe vordringende Sopranstimme, ein tenorales Parallelstück dazu bietet Ian Paton als filigraner Pedrillo. Jürg Löw verkündet die Worte des Selim Bassa mit Wärme und Überzeugungskraft. Alle Sänger sprechen ihre Bühnentexte selbst, nur im Fall der Blonde gibt es ein Double. Da es sich mit Ausnahme von Christine Schäfer und Jürg Löw durchwegs um englischsprachige Künstler handelt, kann von "reinem" Deutsch kaum die Rede sein. Daran könnten deutsche Hörer Anstoß nehmen. Davon abgesehen handelt es sich bei Christies Entführung um eine Mozart-Aufnahme, die Beachtung und Anerkennung verdient.

Clemens Höslinger [01.06.1999]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Wolfgang Amadeus Mozart
1Die Entführung aus dem Serail KV 384 (Singspiel in 3 Aufzügen; Libretto: Gottfried Stephanie d.J.)

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