cpo 999 976-2
2 CD • 2h 09min • 1998, 1997
19.01.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Eine weitere große Bereicherung der Prokofieff-Diskographie legt cpo mit dieser WDR-Neueinspielung dreier Werke unter Michail Jurowski vor. In einem sehr natürlichen, präsenten Klangbild verhilft Jurowski einmal mehr den pointierten Charakterzeichnungen Prokofieffs in seinen Partituren zu vollstem Recht. Dementsprechend ist die opulent ausgestattete Doppel-CD ein weiteres absolutes Muß für die Sammlung.
Eckhardt van den Hoogen wartet im Booklet mit einer Fülle solide recherchierter, neuer Informationen auf, die das nachhaltige Interesse der Musikforschung verdienen, auch wenn die arrivierte Zunft mit einigen Thesen des Kollegen nicht gerade glücklich sein dürfte. Doch die Überlegung, Prokofieff sei gegen Ende seiner Pariser Jahre schlicht ausgebrannt gewesen, ist einleuchtend, insbesondere, wenn man das hier endlich einmal komplett vorgelegte Ballett Am Dnjepr näher betrachtet. Das Sujet und der Titel kamen erst hinzu, als die Musik fertig war, und übrig bleibt ein solide gearbeitetes, gefälliges und illustrierendes Orchesterwerk, das vergleichsweise uninspiriert wirkt, vergleicht man es beispielsweise mit dem nachfolgenden Leutnant Kishe. Es ist freilich aber auch nicht so schlecht, wie es oft gemacht wird – das belegt diese Einspielung Jurowskis, die dem Stück zu optimaler Wirkung verhilft.
Die Einspielung der Suite aus der Musik zu dem laut van den Hoogen nie fertig gestellten Film ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Von der Romanze und Troika (Sätze 2 und 4) sind nämlich sowohl die gesungene wie auch die rein instrumentale Version beigegeben. So kann der Hörer nach Belieben die Orchesterfassung (Tr. 13, 15, 16, 18, 19) wie auch die Fassung mit Bariton-Solo (Tr. 13, 14, 16, 17, 19) programmieren. Der doppelbödige Witz dieser Groteske um einen frei erfundenenen Phantom-Soldaten im zaristischen Rußland kommt bei Jurowski hinreißend zum Ausdruck, bis hin zu jenem geradezu magischen Moment der Klangdramaturgie im Finale, wo man in dieser Neueinspielung wirklich denken könnte, zwei völlig verschiedene Musiken seien klangtechnisch übereinander montiert worden (Tr. 19, ab 2’25), eine geradezu Star Trek-artige Durchdringung von Raum und Subraum...
Die CD hat nur einen einzigen Schönheitsfehler, und da muß man lange suchen: Die Suite aus der zu unrecht vernachlässigten Oper Semjon Kotko ist auf dem Cover als „Ballet Suite“ bezeichnet... Zugegeben: Das ist pure Erbsenzählerei angesichts dieser phantastischen Produktion, aufgrund der man einmal mehr wünscht, Jurowski möge auch alle Sinfonien Prokofieffs einspielen.
Dr. Benjamin G. Cohrs [19.01.2004]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Prokofjew | ||
1 | Sur le Borysthène op. 51 (Am Dnjepr, 1932) | |
2 | Lieutenant Kijé op. 60 (Sinfonische Suite) | |
3 | Semyon Kotko (Ballettsuite) |
Interpreten der Einspielung
- Boris Statsenko (Bariton)
- WDR Sinfonieorchester Köln (Orchester)
- Michail Jurowski (Dirigent)