Cantatas from "Fortsetzung des Harmonischen Gottesdienstes"
cpo 999 764-2
1 CD • 55min • 2001
02.11.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wer hätte je gedacht, daß Telemann und Goethe familiäre Bande verknüpfen? Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Telemann während seiner Frankfurter Wirkungszeit die Tochter des Ratskornschreibers Textor. Auch Goethes Vaters machte seinen gesellschaftlichen Erfolg in der Mainstadt durch Einheirat in die Familie Textor. Telemann allerdings haben die Textors kein Glück gebracht. Als er von Frankfurt nach Hamburg übersiedelt war, dauerte es nicht lange und seine Frau brannte ihm mit einem dänischen Offizier aus dem benachbarten Altona durch. Künftig ging der gebrannte Meister keine neue Ehe ein, und in seinem Intermezzo „Pimpinone“ schildert er die „Ehefreuden“ unterdrückter Ehemänner mit dem unverhohlenen Vergnügen dessen, der sich von der Fessel einer anspruchsvollen und herrschsüchtigen Partnerin frei fühlen darf. Wirtschaftlich war der Maestro durch die aufwendige Lebenshaltung seiner soeben entschwundenen Gattin jedoch arg in Bedrängnis geraten. So intensiviert er die eigene Herausgebertätigkeit seiner Kompositionen, damit Geld ins Haus kam. Doch nahm er diese editorische Tätigkeit keinesfalls auf die leichte Schulter: Er lernte selbst das Notenstechen, damit keine fehlerhaften Drucke seiner Kompositionen in Umlauf gerieten.
Eine erste Sammlung von geistlichen Kantaten für Solostimme, „Der Harmonische Gottesdienst“ von 1725/26, erwies sich als überaus erfolgreich, so daß sich eine Fortsetzung des populären Projektes anbot. 1831/32 erschien die „Fortsetzung des Harmonischen Gottesdienstes“. Da war Telemann schon längst ein allgemein anerkannter Meister der Tonkunst, dessen Ruhm bei den Zeitgenossen sogar das Renommee des Leipziger Kollegen Johann Sebastian Bach überstieg.
All denen, die in den letzten zwei Jahrzehnten durch den Einsatz vieler bewundernswerter Interpreten zu Liebhabern der Musik der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geworden sind, dürfte die vorliegende CD hochwillkommen sein. Michael Schneider und seine Camerata Köln gehören zu jenen Künstlern, die abseits des Spektakels angeblich bahnbrechender Neuentdeckungen dem in Vergessenheit geratenen „Mainstream“ der spätbarocken Epoche zu einer neuen Blüte verhelfen.
Die ganz auf die Bedürfnisse der gerade neu entstehenden bürgerlichen Kultur zugeschnittenen Kantaten werden in dieser Einspielung ergänzt durch kleine Orgelfugen, die Telemanns Meisterschaft auch in diesem traditionsverbundenen Genre unter Beweis stellen.
Die Kantaten bleiben dennoch das Herzstück der vorliegenden Veröffentlichung: Ruth Ziesak erweist sich hier als feinfühlige Interpretin, die in perfekter Harmonie ins Ensemble eingebunden ist. Besser kann man’s wohl kaum machen.
Detmar Huchting [02.11.2004]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Die Glut des Zorns TWV 1:331 (Kantate Nr. 42) | |
2 | Fuga A-Dur TWV 30:8 | |
3 | Mein Glaube ringt in letzten Zügen TWV 1:184 (Kantate Nr. 67) | |
4 | Fuga G-Dur TWV 30:6 | |
5 | Da, Jesu, Deinen Ruhm zu mehren TWV 1:531 (Kantate Nr. 48) | |
6 | Fuga c-Moll TWV 30:13 | |
7 | Ein Jammerton, ein schluchzend Ach TWV 1:424 (Kantate Nr. 5) | |
8 | Fuga a-Moll TWV 30:20 | |
9 | Ertrage nur das Joch der Mängel TWV 1:479 (Kantate Nr. 35) |
Interpreten der Einspielung
- Ruth Ziesak (Sopran)
- Camerata Köln (Ensemble)