Heiko Reissig Mein Lied für Dich
duo-phon-records 06233
1 CD • 54min • 2005
30.12.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für den durchschnittlichen Klassik-Konsumenten wird die äußere Aufmachung der CD vielleicht etwas ungewohnt wirken. Statt eines einführenden Textes wird das Beiheft durch zahlreiche Widmungen von mehr oder weniger bekannten Kollegen des Künstlers an dessen Adresse illustriert: eine Ansammlung von Dedikationen und reprographierten Autogrammkarten von Persönlichkeiten wie Peter Alexander über Johannes Heesters bis hin immerhin auch zu Nicolai Gedda. Nicht zuletzt durch diese Aufmachung seines Albums Mein Lied für Dich situiert sich der Tenor Heiko Reissig ganz eindeutig innerhalb der so schwierig zu meisternden Gattung der sogenannten leichten Muse.
Unbehagen dürfte jedoch nur derjenige empfinden, dem etwa die vergleichsweise weitaus weniger verkrampfte Kultur des entertainments der USA fremd ist – da würde eine solche Liste von gegenseitigen Reverenzen allein zum unverzichtbaren Grundbestand gehören. Entsprechend vorsichtig muß man die Meinung des Rezensenten bewerten: Wo ein Kollege des People-Magazine vielleicht bereits zu Lobeshymnen hingerissen sein würde, ist dem Kritiker eines deutschen Klassik-Magazins zu einer gewissen Vorsicht zu raten.
Dennoch: Man muß schon extrem genußfeindlich sein, um nicht gerechtfertigte Freude an dieser Produktion zu empfinden. Freilich darf man keine Arien-Sammlung erwarten; es handelt sich um Schlager, die teils aus der Robert-Stolz-Zeit stammen, teils fast schon zum Volksgut aufgestiegen sind (Chianti-Lied), teils aber auch von Heiko Reissig selbst komponiert wurden – also wohlgemerkt um Repertoire, das nicht schon dadurch durch jene gewisse Würdigkeit ausgezeichnet ist, daß es Bestandteil eines übergeordneten anerkannten Bühnenwerkes ist.
Innerhalb dieses Zwischen-Repertoires jedoch hinterläßt Heiko Reissig gleichwohl einen sehr guten Eindruck. Er bewährt sich ganz fabelhaft als Vertreter einer aussterbenden Gattung: als Tenor, der mit dem Können eines echten Sängers die Unterhaltungsmusik darbietet. In jedem der einzelnen 17 Stücke gefällt Reissigs leichte, mühelose Höhe, sein angenehm glatter, jugendlicher Tenor mit deutlicher Kraft im hohen Register, aber auch in der Mittellage. Artikulation und Phrasierung sind nicht unbedingt direkt klassisch geschult, aber können dennoch mühelos mit dem artifiziellen Geschmack großer tenoraler Helden mithalten. Einzig die etwas zu geringe Bandbreite der Dynamik schlägt negativ zu Buche: Reissig befindet sich recht schnell am dynamischen Grenzwert, wenn er auch – vgl. die Erinnerungen an Sorrento – zu gemäßigten Tönen fähig ist. Entscheidend jedoch ist, daß Reissig all diese untiefen Lieder mit Ernst und Hingabe singt, nicht etwa mit der sehr schnell schal werdenden Ironie heute ungleich berühmterer Sänger, die auf den Charme der bloß imitierten alten Kunst setzen.
Die begleitenden Arrangements sind allesamt sehr ordentlich und zeugen von der Professionalität Manfred Rosenbergs, der auch am Dirigentenpult dem Deutschen Filmorchester Babelsberg vorsteht. Rosenberg orchestrierte keinesfalls glatt oder klischeehaft; er unterlegt der Singstimme gerne den Spaltklang der Trompete, und holt damit interessante Facetten aus der Begleitatmosphäre hervor.
Eines Faktes freilich muß man sich gegenwärtig sein: Reissig singt zwar sehr schön, und das Orchester zeugt sehr bildhaft davon, daß der Tenor, wie ein Schlager behauptet, der Don Juan von Sevilla sei – genau eine solche personale Erotik jedoch würde ihm wohl in dieser vokal-instrumentalen Umgebung niemand abkaufen: weil das alles eben, wie der Schlager so schön sagt, nur Spiel ist. Dieses Spiel jedoch mit den Untiefen beherrscht Reissig perfekt. Chapeau vor einer aussterbenden, aber eben noch nicht ausgestorbenen Gattung des tenoralen Entertainments.
Prof. Michael B. Weiß [30.12.2005]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Hans May | ||
1 | Heut' ist der schönste Tag in meinem Leben | |
Robert Stolz | ||
2 | Ich sing mein Lied heut nur für dich | |
Friedrich Schröder | ||
3 | Ein Glück, daß man sich so verlieben kann | |
Gerhard Winkler | ||
4 | Chianti-Lied | |
Ernesto de Curtis | ||
5 | Erinnerungen an Sorrento | |
Heiko Reissig | ||
6 | Melody of Love | |
Franz Grothe | ||
7 | Ach, ich liebe alle Frauen (aus dem Film "Frauen sind doch die besseren Diplomaten") | |
Robert Stolz | ||
8 | Wenn die kleinen Veilchen blühen | |
Michael Hansen | ||
9 | Ruf der Heimat | |
Friedrich Schröder | ||
10 | Die ganze Welt dreht sich um Dich | |
Robert Stolz | ||
11 | Ob blond, ob braun | |
Ernesto de Curtis | ||
12 | Non ti scordar di me | |
Michael Hansen | ||
13 | Hoffnung ist das Leben | |
Luigi Denza | ||
14 | Funiculì Funiculà | |
Heiko Reissig | ||
15 | Melodien der Herzen | |
Friedrich Schröder | ||
16 | Ich werde jede Nacht von Ihnen träumen | |
Heiko Reissig | ||
17 | Solang noch rote Rosen blüh'n |
Interpreten der Einspielung
- Heiko Reissig (Tenor)
- Deutsches Filmorchester Babelsberg (Orchester)
- Manfred Rosenberg (Dirigent)