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Besprechung CD

Ondine ODE 1219-2

1 CD • 65min • 2012

21.06.2013

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Hier haben wir es wieder einmal mit einem jener Lehrstücke zu tun, die uns überdeutlich vor Augen und Ohren führen, dass nicht die stilistische Erscheinung, sondern die künstlerische Persönlichkeit samt ihren jeweiligen Absichten für die Rezeption ihrer Schöpfungen ausschlaggebend ist und wir es uns am Ende ganz allein anlasten müssen, wenn wir uns von programmatischem Geplapper oder erdrückenden Bedeutungsfluten verwirren lassen.

Besonders durchsichtig wirken die Manöver des 55-jährigen Finnen Kimmo Hakola, der 2008 für den (sehr souveränen) Gitarristen Timo Korhonen ein Konzert komponierte, das, wie wir aus den authentischen Erläuterungen erfahren, die Musik der spanischen Juden in einen quasi internationalen Kontext erheben sollte – ein schnell durchschauter Vorwand, der nur notdürftig den fliegenäugigen Blick auf möglichst weite Publikumskreise und -geschmäcker kaschiert. Ein wilder, virtuoser, instrumentationstechnisch zweifelsfrei brillanter, durchweg (wie das ganze Konzert) stark tonal geprägter Kopfsatz, in dem sich der Solist geradezu todesmutig gegen die Klangmassen sträubt; ein als „Adio (Amoroso)" betiteltes Adagio, das offenbar als Antwort auf die einzigartige Romanze des Concierto de Aranjuez ins Treffen geschickt werden soll; und endlich ein Finale, in dem nach einem wüsten Tamtam-Schlag und frenetischem Applaus der Menge (Hakola stellt denselben wohlweislich an den Anfang) durch wechselhafte „Flamenchi" eine kaleidoskopische Stimmungsfolge entsteht: Die volksfestlich gestaltete, harmonisch unproblematische, gitarristisch effektvolle Szene ließe sich gewiß in einer Zarzuela als Zwischenaktmusik verwenden, wie man sich das 13-minütige „Adio" auch als unaufdringlich-schöne Begleitmusik zu einer filmischen Andalusien-Reise denken könnte. Und wer außer dem Komponisten wüßte schon, ob die mediale Ausbeutung der Partitur nicht sogar der ureigentliche Antrieb des Schaffensprozesses war ... ?

Nach dieser mehr als halbstündigen Achterbahnfahrt sind die freien, ruhigen Klänge des 1955 geborenen Japaners Toshio Hosokawa ein wahres Labsal. Zwar erzählt er uns in seinen schriftlichen Erläuterungen nichts, was wir nicht andernorts schon von andern hätten lesen können. Doch sowohl seine Voyage IX – Erwachen für Gitarre und Streicher von 2007 als auch das gerade einmal zwei Jahre alte Kammerorchesterstück Blossoming II teilen ihre unaufgeregten, versonnenen Visionen in einem organischen und somit natürlichen Duktus mit, dem jede außermusikalische Ablenkung nur schadet: Ob der Solist nun den Menschen repräsentiert und das Ensemble das Universum, ob Hosokawa als Sohn eines Ikebana-Meisters besonders innige Beziehungen zur Flora entwickelte und ob sich irgendwelche Töne zu irgendwelchen Tönen hinbewegen – das hilft einem echten Miterleben ebensowenig auf die Sprünge wie all die Superlative, die ein eifriger Redaktor ehrenkranzmäßig glaubte um die Komponisten und ihre Interpreten winden zu müssen. Recht vorteilhaft ist die Aufnahmetechnik, der es lediglich im ersten Satz des Hakola-Konzertes nicht recht gelingen wollte, die Solostimme in den Vordergrund der Ereignisse zu rücken. An den klanglichen Leistungen des Orchesters ist nicht das geringste auszusetzen.

Rasmus van Rijn [21.06.2013]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Kimmo Hakola
1Konzert für Gitarre und Orchester 00:37:17
Toshio Hosokawa
4Voyage IX (Awakening) 00:15:48
5Blossoming II 00:11:55

Interpreten der Einspielung

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