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Besprechung CD

Giovanni Battista Pergolesi

Stabat Mater

cpo 555 103-2

1 CD • 55min • 2016

19.06.2017

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Zwei Facetten ihrer überaus vielschichtigen Künstlerpersönlichkeit präsentiert die Pianistin Marie-Luise Hinrichs auf der vorliegenden CD. Mit der Transkription von Vokalmusik auf das Klavier hatte sie sich und den Musikliebhabern bereits das Werk von Hildegard von Bingen erschlossen. „Da ich keine Sängerin bin, wollte ich die Lieder gerne auf dem Klavier spielen“, begründete sie seinerzeit ihr Vorhaben und hat diese Motivation für die Einspielung ihrer Klavierversion von Pergolesis berühmten Stabat Mater auf der vorliegenden CD in ähnlichen Worten wiederholt: „Die Musik ist so tief berührend, dass es mir ein großes Anliegen war, diese auf dem Klavier zu spielen und die Musik dafür umzuschreiben.“

Die geistliche Dichtung über die Schmerzen der Gottesmutter unter dem Kreuz entstammt dem Mittelalter und wurde von Josquin Desprez über Palestrina bis zu Zeitgenossen wie Krzysztof Penderecki und Arvo Pärt von einer Unzahl Komponisten vertont. Pergolesis Version ragt seit ihrer Entstehung an Popularität aus der Menge der Vertonungen hervor, möglicherweise auch durch den Umstand, dass sie den Schwanengesang des Komponisten darstellte, der bald nach Abschluss des Stabat Mater mit nur 26 Jahren an Tuberkulose starb. J. S. Bach, ohnehin ein großer Bewunderer der italienischen Musik, war von dem Werk seines bereits verstorbenen Kollegen (gleichaltrig mit seinem ältesten Sohn Wilhelm Friedemann) so angetan, dass er es in eine Parodie-Kantate verwandelte: Tilge, Höchster, meine Sünden BWV 1083. Ihr Text beruht auf dem Psalm 51, einem Bußpsalm. So schildert Bachs Kantate anstelle der Schmerzen der Gottesmutter unter dem Kreuz die Gefühle eines seiner Sündhaftigkeit sich bewussten lutherischen Christen, der im Kreuzestod des Heilands die einzig selig machende Gnade Gottes findet und in ihr das Ziel seiner eigenen Hoffnung auf Erlösung.

Im Gegensatz zur breiten Bewunderung, die bald nach Pergolesis Tod für sein Stabat Mater einsetzte, kritisierte der berühmte Kontrapunktiker Padre Martini, der heute besonders durch die Begegnung mit dem Wunderkind Mozart in Erinnerung ist, das Werk und befand es wegen seiner Nähe zu den musikalischen Ausdrucksmitteln der Oper als ungeeignet, das Pathos des Textes passend darzustellen.

Es ist unwahrscheinlich, dass Marie-Luise Hinrichs mit ihrer emotionalen Durchleuchtung der vielschichtigen affektiven Aspekte den stockkonservativen Altmeister hätte überzeugen können, dass auch der galante Stil dieser Zeit geistliche Musik hervorbringen konnte, wenn nur eine tiefe Frömmigkeit dabei die Feder führt. Nun ist Padre Martini seit 1784 tot, heutige Hörer kann Frau Hinrichs absolut auf den Weg mitnehmen, auf dem sie nach eigenem Eingeständnis ihr eigener Glaube begleitet hat.

Im Anschluss an die spirituelle Reise zu Pergolesis Stabat Mater präsentiert sich Marie-Luise Hinrichs noch mit fünf Sonaten Domenico Scarlattis als sensible Gestalterin: Mit diesen wenigen Stücken, nur eine kleine, aber klug getroffene Auswahl angesichts des funkelnden Kosmos von Scarlattis vielen hundert Sonaten (doch von welcher Breite der musikalischen Thematik und von welch universellem Charme!) zeigt die Pianistin, dass ihr moderner Flügel sich ebenso gut eignet, alle Aspekte der reichen Sonatenlandschaft Domenico Scarlattis gültig darzustellen, wie auch, Grenzen zu überschreiten und ein 380 Jahre altes Lieblingsstück der geistlichen Musik in neuem Gewand zu präsentieren. 1

Detmar Huchting [19.06.2017]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Giovanni Battista Pergolesi
1Stabat Mater (Bearb. für Klavier: Marie-Luise Hinrichs) 00:36:05
Domenico Scarlatti
13Sonate B-Dur K 551 00:04:45
14Klaviersonate d-Moll K 9 00:03:14
15Sonate d-Moll K 64 00:02:04
16Sonate C-Dur K 159 L 104 00:02:53
17Sonate E-Dur K 380 00:05:50

Interpreten der Einspielung

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