Der Dirigent Thomas Sanderling feierte am 2. Oktober 2017 seinen 75. Geburtstag. Er wurde 1942 als Sohn des Dirigenten Kurt Sanderling in Nowosibirsk geboren, nachdem sein Vater 1936 als Jude in die Sowjetunion emigrieren musste. Thomas studierte zunächst am Leningrader Konservatorium Violine. 1960 setzte er sein Studium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin fort und debütierte bereits 1962 als Dirigent. Seine Ausbildung rundete er durch Hospitationen bei Hans Swarowsky, Herbert von Karajan und Leonard Bernstein ab. 1966 wurde er Musikdirektor in Halle an der Saale. International bekannt wurde er mit seinem Debüt an der Wiener Staatsoper 1978, bald darauf an der Bayerischen Staatsoper und an der Berliner Staatsoper. Im Laufe seiner Karriere war er Gastdirigent an den bedeutendsten Opernhäusern, u.a. am Teatro La Fenice Venedig, am Bolschoi-Theater Moskau, am Mariinski-Theater Sankt Petersburg, an der Oper Nizza, der Komischen Oper Berlin und der Hamburgischen Staatsoper und leitete renommierte Orchester wie die Staatskapelle Dresden, das Philharmonia Orchestra London, das London Symphony Orchestra, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das NDR Sinfonieorchester, das WDR Sinfonieorchester Köln, die Sankt Petersburger Philharmoniker, das Pittsburg Symphony Orchestra oder die Wiener Symphoniker. Das Osaka Symphony Orchestra verlieh ihm den Titel „Ehrenmusikdirektor auf Lebenszeit“. Daneben arbeitete er auch mit bedeutenden Solisten zusammen, u.a. David Oistrach, Emil Gilels, Gidon Kremer, José van Dam, Gundula Janowitz, Robert Holl, Rudolf Buchbinder, Natalia Gutman, Sergei Leiferkus, Anna Malikova, Paul Tortelier oder Walter Berry. Aufgrund seiner Herkunft verband ihn eine besondere Freundschaft mit Dmitri Schostakowitsch, dessen 13. und 14. Sinfonie er uraufführte. Noch etliche andere Werke Schostakowitschs gelangten unter Thomas Sanderlings Leitung zur Uraufführung. Sein künstlerisches Schaffen ist in zahlreichen Aufnahmen dokumentiert, die auch vielfach ausgezeichnet wurden. Für die Einspielungen der 6. Sinfonie von Gustav Mahler mit den St. Petersburger Philharmonikern sowie aller Sinfonien von Albéric Magnard gewann er den Cannes Classical Award. Weltweite Anerkennung fand auch seine Gesamteinspielung aller Brahms-Sinfonien mit dem Philharmonia Orchestra London und für die Aufnahme des Klavierkonzerts von Paul Kletzki mit Joseph Banowetz wurde er für einen Grammy nominiert. Die außergewöhnliche Musikalität in Thomas Sanderlings Familie erstreckt sich auch auf seine Halbbrüder: Stefan Sanderling ist ebenfalls Dirigent, Michael Sanderling ist Dirigent und Cellist.
Tabellarische Biographie
2.10.1942 | geboren in Novosibirsk als Sohn des Dirigenten Kurt Sanderling, der damals das Philharmonische Orchester von Charkow (UdSSR) leitete. Thomas Sanderling studierte zunächst am Leningrader Konservatorium (Violine) und an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin dirigieren. Debüt als Dirigent im Jahre 1960. |
1966 | Einladung zu Konzerten nach Leningrad und Moskau, wo er Dmitri Schostakowitsch kennenlernt. Im gleichen Jahr Ernennung zum Musikalischen Leiter des Opernhauses Halle, wo er sich als Dirigent von Händel-Opern einen Namen macht. |
1978 | Ernennung zum Ersten Kapellmeister an der Berliner Staatsoper. Im gleichen Jahr Debüt an der Wiener Staatsoper mit Mozarts Zauberflöte. |
1983 | Übersiedelung in die Bundesrepublik. |
1984-1986 | Künstlerischer Leiter der Amsterdamer Philharmoniker. Zahlreiche Gastdirigate an den Opern- und Konzerthäusern in München, Berlin, Venedig, Kopenhagen und Helsinki. |
1987 | Übersiedelung nach London. Internationale Gastpiele in Eurpoa, Japan und den USA. |
1998 | Erste Aufnahme einer Mahler-Sinfonie mit derSt. Petersburger Philharmonie, die Sinfonie Nr. 6, die 1998 mit einem "Cannes Classical Award" ausgezeichnet wird. |
2002 | Ersteinspielung (World premier recording) der Sinfonie Nr. 5 und des Phantastischen Intermezzos von Karl Weigl mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Die Aufnahme wird 2003 mit dem "Cannes Classical Award" ausgezeichnet. |
2003 | Eine besonders enge Zusammenarbeit verbindet Thomas Sanderling mit der St. Petersburger Philharmonie. Im November 2003 dirigierte dort die Wiederaufnahme von Wagners Lohengrin am Mariinsky-Theater. |
2004 | Seit Januar 2004 ist Thomas Sanderling Principal Guest Conductor der von Vladimir Spivakov gegründeten Neuen Russischen Nationalphilharmonie, mit der er anläßlich des Schostakowitsch-Jubiläums 2006 die russische Premiere der original italienischen Version der "Michelangelo Suite" aufführt. |
2005 | Im Mai Aufnahme von 2 CDs mit Schostakowitsch-Uraufführungen für Deutsche Grammophon. |
2006 | Dirigat von Schostakowitschs Oper Lady Macbeth von Mzensk in Moskau. Veröffentlichung der DG-Schostakowitsch-Aufnahmen. Dirigat der 10. Sinfonie von Schostakowitsch und der Sechs Romanzen nach englischen Dichtern für Bass und Orchester im Rahmen des Schostakowitsch-Festivals des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks am 27. September in München. |