Tibor Varga war einer der großen Geiger des vergangenen Jahrhunderts, der sich vor allem auch durch sein pädagogisches Wirken unsterblich machte. Er wurde am 4. Juli in Győr in Ungarn geboren. Den ersten Geigenunterricht erhielt er bereits im Alter von noch nicht einmal drei Jahren von seinem Vater, der selbst ein hervorragender Geiger war, jedoch das Geigenspielen infolge einer Kriegsverletzung aufgeben musste und sich dann als Geigenbauer betätigte. Schon bald zeigte sich Tibors außerordentliches Talent. Mit zehn Jahren trug er das Mendelssohn-Konzert öffentlich vor. Das weckte das Interesse von Jenő Hubay, dem damaligen Leiter der berühmten Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest, so dass er dem vielversprechenden Jungen einen Studienplatz an der Akademie anbot. Mit 13 Jahren machte Tibor seine ersten Schallplattenaufnahmen und konzertierte mit 14 Jahren bereits im Ausland. Er war einer der letzten Schüler von Jenő Hubay, Leó Weiner, Zoltán Kodály und Béla Batrók. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der die hoffnungsvolle Karriere des jungen Solisten jäh unterbrach, konnte Vargas diese jedoch glücklicherweise fortsetzen und trat unter den bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit auf. Vargas verfügte über ein ungewöhnlich breites klassisches Repertoire. Darüber hinaus widmete er sich jedoch besonders auch der Musik seiner Zeitgenossen und verhalf durch seinen Vortrag den Werken eines Béla Bartók, Alban Berg oder auch Arnold Schönberg zur Anerkennung und zum Druchbruch. Nach einer abenteuerlichen Flucht aus Ungarn 1949 übernahm er eine Professur an der Musikakademie in Detmold, die er bis 1986 innehatte. Er widmete sich zunehmend dem Unterrichten, der Kammermusik und dem Aufbau eines Kammerorchesters. 1954 gründete er das Kammerorchester Tibor Varga, das er bis 1988 leitete. 1963 gründete in Sion in der Schweiz die Sommerakademie Académie de Musique Tibor Varga, 1964 das Festival Tibor Varga, das bis 2001 abgehalten wurde und eines der international bedeutendsten Musikfestivals war. Schließlich gründete er 1967 auch den Internationalen Violinwettbewerb Tibor Varga, der bis heute zu den bedeutendsten Violinwettbewerben zählt. Er war Direktor an der Ecole Supérieur de Musique Sion, wo er ab 1988 auch selbst unterrichtete. Von 1989 bis 1993 war Varga in Annecy auch Musikdirektor des Orchestre des Pays de Savoie. Im Oktober 2002 übernahm er eine Professur für Violine an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz. Tibor Varga war nicht nur als Juror in zahlreichen Wettbewerben gefragt, sondern auch international als Gastdirigent großer Orchester. Mehrere Städte in Frankreich und in der Schweiz ernannten ihn zum Ehrenbürger, die Universität Budapest verlieh ihm die Ehrendoktorwürde und Deutschland, Frankreich, die Schweiz und Ungarn ehrten ihn mit hohen Auszeichnungen wie dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Tibor Varga starb am 4. September 2003 in Grimisuat in der Schweiz.