Love Is Strange
Alpha Productions 081
1 CD • 61min • 2005
10.11.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Ein zartes Jünglingsantlitz ziert das Cover dieser CD, die Innenseite des Umschlags enthüllt das ganze Gemälde: In modischer Kleidung sitzt ein junger Mann unter einem Baum, die Hände auf den Schwertknauf seiner Waffe gelegt, die neben ihm, wie ein treuer Begleiter, sich gleichfalls auszuruhen schient. Der Handschuh liegt im Gras bereit, Kampf und Krieg haben Pause. Allein das Gefühl zählt in diesem Moment, und die traurigen Augen, mit denen der flaumgesichtige Jüngling dem Betrachter entgegenschaut, verraten deutlich, daß das ernste Leben, von dem Waffe, elegante Kleidung und der noch nicht aufgenommene Fehdehandschuh künden, ihm mehr bange als ungestüme Gefühle verursacht. Seinen Mann stehen zu sollen, bereitet diesem jungen Mann deutliches Unbehagen. Es hat den Softie schon vor 500 Jahren gegeben!
Selten geht das Konzept der Serie ut pictura musica des Labels Alpha so gut auf wie bei dieser Veröffentlichung: Die Miniatur eines melancholischen Mannes von Isaac Oliver aus dem Ende des 16. Jahrhunderts paßt hervorragend zu dem Lebensgefühl, das die Musik dieser elisabethanischen Epoche in der europäischen Kulturgeschichte so einzigartig macht. Keine intellektuellen Macken, keine hochgeistigen Betrachtungen bestimmen diese Musik, sondern tiefes Gefühl. Traurigkeit liefert mehr Facetten an künstlerischen Darstellungen als Lebensfreude, also sind die Helden der elisabethanischen Musik traurig; sie sind keine Helden, die wütend an der Tür der Geliebten rütteln, wie die gleichzeitigen italienischen Kollegen. Nein, sie lehnen sich an einen Baum und schauen in all dem kriegerischen Staat, mit dem sie die Angebetete eben noch zu beeindrucken suchten, traurig ins Auge des Malers, der ihr Unglück porträtiert.
Wortlos, mit den Mitteln des Lautenconsorts, stellen Vincent Dumestre und sein Ensemble Le Poème Harmonique die Welt dieses melancholischen jungen Mannes dar. Es ist also keine lustige Platte, die hier auf ihre Hörer wartet; doch jeder, der (zu Recht) in den stilleren Regionen des Gefühls die tieferen Emotionen wittert, wird an dieser CD sein stilles (und darum tiefes) Vergnügen finden. Ein reiches Kompendium der Klangmöglichkeiten der Lauteninstrumente wird ihm obendrein noch geboten!
Detmar Huchting [10.11.2005]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
John Johnson | ||
1 | Wakefield on a green | |
Cosyn | ||
2 | Dorick Prelude | |
Anthony Holborne | ||
3 | Decrevi | |
Anon. | ||
4 | Callinoe | |
Robert Parsons | ||
5 | Ut re mi fa sol la | |
Thomas Robinson | ||
6 | Twenty waies upon the bells | |
John Bull | ||
7 | Irish Toy | |
John Johnson | ||
8 | Sellengers Ronnde | |
Anon. | ||
9 | Green Sleeves | |
Anthony Holborne | ||
10 | Spero | |
John Johnson | ||
11 | Dump | |
John Dowland | ||
12 | Lachrimae Pavan | |
John Daniel | ||
13 | Passymeasure Galliard | |
Thomas Morley | ||
14 | Galiarda | |
Anon. | ||
15 | A toy | |
John Johnson | ||
16 | Trenchmore | |
Orlando Gibbons | ||
17 | In nomine XI »Crye« | |
Anon. | ||
18 | Corn Yairds | |
John Coperario | ||
19 | A Gray's Inn, the First | |
Anon. | ||
20 | Love is strange | |
21 | Canaries | |
22 | Upon la mi re |
Interpreten der Einspielung
- Le Poème Harmonique (Ensemble)