Farao Classics S108070
2 CD/SACD stereo/surround • 2h 01min • 2006
15.08.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Normalerweise sind Absagen von Sängern der Alptraum eines jeden Operndirektors. Und doch gibt es Fälle, da ermöglichen sie musikalische Sternstunden – wenn nur entsprechend hochkarätige Kollegen als Einspringer rechtzeitig zur Verfügung stehen. So auch im März 2006, als Anja Harteros als Violetta und Piotr Beczala als Alfredo im Münchner Nationaltheater kurzfristig zwei Vorstellungen von Giuseppe Verdis La Traviata retteten. Zusammen mit dem Bariton Paolo Gavanelli als Germont und Zubin Mehta am Dirigentenpult formten sie ein Künstlerquartett von außergewöhnlicher Qualität, so dass die Dokumentation eines dieser beiden Abende auf CD unerlässlich schien. Star und Mittelpunkt der Vorstellung ist die junge deutsch-griechische Sopranistin Anja Harteros, die an der Bayerischen Staatsoper bereits in mehreren Partien wie Agathe oder Alcina gefeiert wurde. Mit der Rolle der Traviata, die sie zum erstenmal am Nationaltheater gestaltete, fügte sie ein weiteres eindrucksvolles Frauenporträt in ihre Münchner Erfolgsbilanz ein. Die Kritik rühmte: „Auf der Skala der Nuancen findet Anja Harteros für jedes Gestaltungsmoment die richtige, leidet samtig hauchend, liebt mit gefühlvollem, warmem Timbre und verblüfft, wenn das Neurotische der Figur zum Ausbruch kommt, wenn sie beinahe schreit – aber wie schön!“ Diese Nuancierungsfähigkeit der Sängerin gründet ganz wesentlich auf der Farbenvielfalt und klanglichen Variabilität ihres üppigen lyrischen Soprans. Im Gegensatz zu jenen hellen, hohen Koloraturnachtigallen, die man häufig in der Partie zu hören bekommt und die das tragische Schicksal der Traviata zu sehr verkleinern, versteht es Anja Harteros zumal in der Todesszene der Titelheldin, wahre menschliche Größe zu evozieren.
Mit dem polnischen Tenor Piotr Beczala hatte die Sopranistin einen schön timbrierten, emotional ebenso überzeugend agierenden lyrischen Tenor zum Partner. Ihm gelingt es, das manchmal allzu blass gezeichnete Erscheinungsbild des Alfredo durch den rechten Schuss Italianità glaubwürdig zu beleben.
In der langen Reihe von Verdi-Figuren des Baritons Paolo Gavanelli zählt die des Germont zu seinen besonders gültigen Verkörperungen. Die füllig-weiche Textur seiner Stimme, seine Legatokunst und seine piano-Kultur bieten für die überwiegend lyrisch gehaltenen Kantilenen dieser Partie wichtige Voraussetzungen.
Dass diese La Traviata aber nicht nur zur solistischen Angelegenheit dreier Gesangsstars wurde, sondern zum geschlossenen musikalischen Gesamtereignis, ist das Verdienst von Maestro Zubin Mehta. Er versteht es faszinierend, die Gefühlstiefe und zeitlose Wahrhaftigkeit dieser Oper jedem Hörer dieses Livemitschnitts nahezubringen.
Walter Fritz † [15.08.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giuseppe Verdi | ||
1 | La Traviata (Opera in tre atti) |
Interpreten der Einspielung
- Anja Harteros (Violetta Valéry - Sopran)
- Heike Grötzinger (Flora Bervoix - Sopran)
- Helena Jungwirth (Annina, Violettas Dienerin - Mezzosopran)
- Piotr Beczala (Alfredo Germont - Tenor)
- Paolo Gavanelli (Giorgio Germont, Alfredos Vater - Bariton)
- Kevin Conners (Gastone, Vicomte de Létorières - Tenor)
- Steven Humes (Baron Douphol - Bariton)
- Rüdiger Trebes (Marchese d' Obigny - Baß)
- Gerhard Auer (Dottor Grenvil - Baß)
- Maximilian Schmitt (Giuseppe, Violettas Diener - Tenor)
- Chor der Bayerischen Staatsoper (Chor)
- Bayerisches Staatsorchester (Orchester)
- Zubin Mehta (Dirigent)