Naxos 8.660170-71
2 CD • 2h 29min • 2002
03.05.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der „Stuttgarter Ring“ hat im März 1999 mit dem von Joachim Schlömer inszenierten Rheingold sein Bühnenleben begonnen (die weiteren Abende der Wagner-Tetralogie wurden bekanntlich von anderen Regisseuren gestaltet) und ist seither ebenso zum Kult-Ereignis aufgerückt wie seinerzeit der Bayreuther „Jahrhundert-Ring“ vom Jahr 1976. In beiden Fällen waren es nicht so sehr die orchestralen und vokalen Vorgänge, die der Wiedergabe den Rang des Außerordentlichen verliehen, sondern in erster Linie die unkonventionelle szenische Realisierung, die – wie in solchen Fällen unvermeidbar – teils begeisterte Zustimmung, teils wütende Ablehnung erfuhr. Rheingold in der Stuttgarter Fassung steht allerdings an musikalischer Qualität weit hinter der einstigen Bayreuther Aufnahme zurück. Gerade dieses „Vorabend“-Stück ist von Pierre Boulez mit einzigartiger Prägnanz und Schärfe dargestellt worden, so klar und dicht, auch sängerisch in so hoher Perfektion, wie dies bei den anderen Teilen des Rings nicht mehr erreicht werden konnte. Lothar Zagrosek bietet mit dem Stuttgarter Staatsorchester eine sehr anerkennenswerte Leistung, die sich aber nicht über den guten Standard der meisten derzeit erhältlichen Einspielungen erhebt.
Den Darbietungen der Sänger merkt man die starke Einwirkung der Regie an, was zu einer Parallele zu Patrice Chéreaus Bayreuther Version verleiten könnte. Das ist jedoch nicht zulässig, denn gemessen am vokalen Eindruck fällt der Vergleich eindeutig zuungunsten Stuttgarts aus. Ein Wotan, dessen Stimme von einem derartig aggressiven Tremolo geplagt wird, daß die Tonhöhe oft nicht mehr klar erkennbar wird (Wolfgang Probst), war kaum jemals auf Tonträger zu hören. Selbst ein noch so intensiver Vortrag kann da über das musikalische Manko nicht hinwegretten – zumindest nicht für die Tonkonserve. Auch von den übrigen Gesangskräften wird kaum Herausragendes geboten. Vollgültig und markant bleibt einzig Michaela Schuster als Fricka – da erklingt eine leuchtende Stimme von seltener Ebenmäßigkeit. Esa Ruttuunen als Alberich bringt immer wieder starke Momente, namentlich in der Fluch-Szene, sein Organ besitzt aber nicht das nötige Volumen für diese machtvolle Rolle. Robert Künzli (Loge), Roland Bracht (Fasolt), Phillip Ens (Fafner), Mette Ejsing (Erda) sind passende Besetzungen – aber es gibt auf Tonträgern eindrucksvollere Gestaltungen. Die Live-Aufnahme entstand während der Saison 2002/03, also bereits nach längerer und erfolgreicher Spielzeit des „Stuttgarter Rings“. Auf die Besonderheit dieser Produktion, die mittlerweile als Video, DVD, Film usw. ein vielbegehrtes Objekt geworden ist, wird im Plattentext nicht hingewiesen, auch der Name des Regisseurs – der in diesem Fall unbedingt hätte genannt werden müssen – wird verschwiegen.
Vergleichsaufnahme: Philips 434421-2, Boulez, Bayreuther Festspielorchester
Clemens Höslinger [03.05.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Richard Wagner | ||
1 | Das Rheingold |
Interpreten der Einspielung
- Wolfgang Probst (Wotan - Baß)
- Bernhard Schneider (Froh - Tenor)
- Motti Kastón (Donner - Baßbariton)
- Robert Künzli (Loge - Tenor)
- Michaela Schuster (Fricka - Mezzosopran)
- Helga Ros Indridadóttir (Freia - Sopran)
- Mette Ejsing (Erda - Mezzosopran)
- Esa Ruuttunen (Alberich - Baß)
- Eberhard F. Lorenz (Mime - Tenor)
- Roland Bracht (Fasolt - Baß)
- Philip Ens (Fafner - Baß)
- Catriona Smith (Woglinde - Sopran)
- Maria Theresa Ullrich (Wellgunde - Mezzosopran)
- Margarete Joswig (Floßhilde - Mezzosopran)
- Staatsorchester Stuttgart (Orchester)
- Lothar Zagrosek (Dirigent)