Pan Classics 10196
2 CD • 2h 11min • 2006
21.08.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mit L’Ormindo, 1644 in Venedig uraufgeführt, also zwei Jahre nach L’incoronazione di Poppea und dem Tod Monteverdis, etablierte sich Francesco Cavalli endgültig als legitimer Nachfolger des Divino Claudio. Noch war das Zeitalter der Virtuosen nicht angebrochen, stand die Musik noch ganz im Dienste des Theaters. Obgleich er ein begabter Lyriker und um eingängige Melodien nicht verlegen war, stand für Cavalli die dramatische Glaubwürdigkeit an erster Stelle. Und das macht viele seiner Werke noch heute spielenswert.
L’Ormindo beginnt als frivole Komödie, entwickelt sich im Verlaufe der Handlung zur echten Tragödie und klingt dann doch noch in einem versöhnlichen „lieto fine” aus. Zwei Freunde, Ormindo und Amida, werden zu Rivalen um die Gunst Erisbes, die mit dem alten König Hariadeno verheiratet ist. Sie lebt nach dem Motto „Geteilte Freude ist doppelte Freude” und will sich beide Männer warm halten, die sich zähneknirschend in das Arrangement fügen. Doch da taucht die Prinzessin Sicle, der Amida früher Treue gelobt hat, als Wahrsagerin verkleidet auf und stellt den untreuen Geliebten bloß. Erisbe entscheidet sich nun eindeutig für Ormindo und flieht gemeinsam mit ihm vor ihrem Gatten, während Amida durch einen faulen Zauber der Dienerin Erice zu Sicle zurückfindet. Doch das Happy End ist noch weit, denn die Flüchtigen werden eingefangen und zum Gifttod verurteilt, den sie ohne zu zögern gemeinsam auf sich nehmen. Der treue Hauptmann Osmano reicht ihnen aber stattdessen einen Schlaftrunk, und da der immer noch unversöhnliche König zwischenzeitlich erfährt, dass Ormindo sein Sohn ist, überlässt er diesem schließlich großmütig Frau und Königreich.
Ein starkes Stück, das einige Motive der Aufklärungszeit schon vorwegnimmt, und auch einige starke Musik enthält, insbesondere für die Frauenfiguren Erisbe und Sicle. Aus dem durchgängigen „recitar cantando” entwickeln sich organisch immer wieder kürzere Arienformen. Kräftige musikdramatische Kontraste setzen die Diener Nerillo, Erice und Mirinda mit ihren komischen Kommentaren.
1967 hatte Raymond Leppard, ein Barockopern-Pionier, das Werk erstmals im Studio eingespielt und dabei einige gravierende Kürzungen vorgenommen. Die Neuaufnahme, die auch den Prolog der Armonia enthält, kann dagegen schon den Bonus größerer Authentizität geltend machen. Sie ist aber auch musikalisch rundum gelungen. Les Paladins musizieren unter der Leitung des ehemaligen Baritons Jérôme Correas mit außerordentlicher Akkuratesse und Wärme, die Rollen sind in allen Positionen überzeugend besetzt: Der Countertenor Martin Oro (Ormindo), der Tenor Howard Crook (Amida), die Sopranistinnen Magali Léger (Sicle) und Stéphanie Révidat (Sicle) sind dabei für die edlen Gefühle zuständig, während der Tenor Jean-François Lombard (Erice), die Mezzosopranistin Karine Deshayes (Mirinda) und vor allem der großartige Countertenor Dominique Visse (Nerillo) starke komödiantische Akzente setzen.
Ekkehard Pluta [21.08.2007]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Pietro Francesco Cavalli | ||
1 | L' Ormindo (Oper in einem Prolog und drei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Sandrine Piau (L' Armonia - Sopran)
- Martin Oro (Ormindo - Countertenor)
- Howard Crook (Amida - Tenor)
- Dominique Visse (Nerillo - Countertenor)
- Magali Léger (Sicle - Sopran)
- François Lombard (Erice - Tenor)
- Stéphanie Révidat (Erisbe - Sopran)
- Karine Deshayes (Mirinda - Mezzosopran)
- Jacques Bona (Hariadeno - Bariton)
- Benoît Arnould (Osmano - Bariton)
- Les Paladins (Orchester)
- Jérôme Corréas (Dirigent)