cpo 777 337-2
1 CD • 57min • 2006
03.12.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
An den Werken von Steve Reich (Jg. 1936) scheiden sich die Geister: Die einen halten ihn für einen der genialsten Komponisten unserer Zeit, die anderen für einen Minimalisten, der seine Stücke lieber organisiert (oder aber gar der Aleatorik überläßt), als sie zu empfinden. Das mag der Einzelne für sich entscheiden. In jedem Fall setzt die Musik von Reich aber beim Hörer viel Bereitschaft voraus, sich unvoreingenommen zu öffnen. Das halbstündige Sextett von 1984 für je zwei Klaviere, Synthesizer und Schlagwerke – zweifellos ein Meilenstein der Flächenkomposition – ist da durchaus hilfreich: Die Musik entwickelt einen unentrinnbaren Sog und man findet rasch Freude an den changierenden Klängen. Es ist faszinierend, wie Reich aus dieser eigenartigen Kombination von Instrumenten immer neue Ebenen entwickelt, Resonanzen herstellt, Farbwirkungen durch ungewohnte Oberton-Kombinationen erzielt. In einem im Booklet zitierten Aufsatz aus seinen Writings on Music 1965–2000 von 1984 beschreibt er selbst treffend, was den Reiz des Stücks ausmacht: “Doppeldeutig ist hier die Frage, was Melodie und was Begleitung sei. Ich glaube, daß in einer Musik, die sehr viele Wiederholungen benutzt, gerade diese Ambivalenz Vielfalt und Leben erzeugt.” Die nur ein Jahr zuvor entstandenen Eight Lines (1983) hatten diese Entwicklung schon angedeutet – ein Werk für je zwei Streichquartette, Klaviere, Flöten und Klarinetten. Allerdings ist es weiter aufgefächert und bietet sich für eine CD als natürliches Finale an. In der Mitte steht die höllisch schwere Piano Phase (1967), eins der frühen Experimentalwerke von Reich, ursprünglich für zwei Bandmaschinen, später für zwei Klaviere bearbeitet. In Vincent Korver und Keith Ford findet sie kongeniale Interpreten.
Reich, um den es in den letzten Jahren etwas still geworden ist, kann sich glücklich schätzen: Das 2005 von Studenten der Royal Academy gegründete London Steve Reich Ensemble setzt sich enthusiastisch und erfolgreich für sein Werk ein. Kein Wunder, daß Reich selbst begeistert ist und den jungen Musikerinnen und Musikern auf der CD bescheinigt: “Sie haben ein exzellentes Gefühl dafür, wie meine Musik zu spielen ist. Diese Darbietungen sind von pulsierendem Leben erfüllt.” Da bleibt einem Rezensenten nur, weitgehend zuzustimmen – auch wenn ich sowohl den Klang der CD wie auch das Musizieren als ein wenig steril empfinde. Eine Veröffentlichung als SACD wäre wünschenswert gewesen, denn die Räumlichkeit der Musik Reichs kommt in einer Zweikanal-Produktion nicht ausreichend zum Tragen.
Dr. Benjamin G. Cohrs [03.12.2007]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Steve Reich | ||
1 | Sextett | 00:27:22 |
6 | Piano Phase für 2 Klaviere | 00:13:40 |
7 | Eight Lines | 00:16:10 |
Interpreten der Einspielung
- Vincent Corver (Klavier)
- Keith Ford (Klavier)
- The London Steve Reich Ensemble (Ensemble)
- Kevin Griffiths (Dirigent)