Evard Grieg Works for Violoncello & Piano
cpo 777 284-2
1 CD • 62min • 2006
11.03.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gerade bei Edvard Grieg gibt es – jenseits der Bühnenmusik zu Peer Gynt, seines Klavierkonzerts und der Lyrischen Stücke – noch Entdeckungen zu machen. Man vergisst immer, dass sich der norwegische Nationalkomponist trotz eines staatlichen Ehrensolds, den er bereits seit 1874 erhielt, nicht ausschließlich seinem kompositorischen Schaffen widmete, sondern als Pianist und Dirigent weiter zahlreiche Konzerttourneen durch ganz Europa unternahm. Offenbar war aktives Musizieren eine wichtige Inspirationsquelle für ihn. Kehrte er in seine Heimatstadt Bergen zurück, dann zog er stets in die ehemalige Wohnung der Eltern, die nun von seinem älteren Bruder John, einem am Leipziger Konservatorium ausgebildeten Cellisten, genutzt wurde. Auch wenn sich John von der Musik als Broterwerb zurückgezogen und die väterliche Firma übernommen hatte, konnte er dem weltberühmten Edvard immer noch als trefflicher Kammermusikpartner dienen. Für solche Abende gemeinsamen Musikmachens im privaten Kreis dürfte die Sonate für Violoncello und Klavier a-Moll op. 36 zunächst gedacht gewesen sein, was schon Griegs Widmung an den Bruder nahelegt.
Ramon Jaffé, der im lettischen Riga geborene und nun in Deutschland lebende Cellist, sowie Andreas Frölich am Klavier betonen weniger die intimen Seiten der drei Sätze, sondern funktionieren die einzige Cellosonate Griegs eher zum ausgesprochenen Vorspielstück um. Sie tun es mit Leidenschaft, virtuoser Bravour und so großer Überzeugungskraft, dass gegen diesen Interpretationsansatz nichts einzuwenden ist. Der Zuhörer fühlt sich in einen großbürgerlichen Salon der 1880er Jahre versetzt, in dem weniger französischer Parfümgeruch herrscht als vielmehr eine erfrischende skandinavische Brise weht und Grieg selbst einen der damals hochgeschätzten Cellisten – sei es Julius Klengel oder Friedrich Grützmacher – begleitet. Wie eine Zugabe zur mehr als 30-minütigen Sonate erweist sich das kurze, elegisch durchwirkte Intermezzo a-Moll. Tatsächlich handelt es sich um den erst 1979 veröffentlichten Kopfsatz einer von Grieg nicht zu Ende geführten Suite für Violoncello und Klavier. Jaffés und Frölichs subtil-einfühlsame Wiedergabe stellt abermals ein höchst überzeugendes Plädoyer für den im Œuvre Griegs vergleichsweise unbekannten Kammermusiksektor dar.
Dass der menschlichen Singstimme vom Klangcharakter her wohl das Cello am nächsten kommt, wird bei den folgenden – von beiden Interpreten arrangierten – Grieg-Liedern aufs Neue unter Beweis gestellt. In den meisten herrscht ein norwegischer Volksliedton vor, wodurch ein wohltuender Gegensatz zu den vorangegangenen schwerer zugänglichen Kompositionen entsteht. Ein besonderes Gütesiegel trägt Jaffés pastoses Spiel – beispielsweise im Lied Die Waise op. 4/1 mit seinen deutlichen Wagner-Anklängen oder im euphorischen Ich liebe dich op. 5/3 –, denn es verrät seine künstlerische Herkunft aus der Cellisten-Schmiede von David Geringas. Nur ein Wermutstropfen muss eingeschenkt werden: Das gute, ausgewogene Klangverhältnis zwischen Cello und Klavier scheint mit einer etwas zu halligen Akustik erkauft zu sein. Manche melodiöse Strukturen wirken daher ein wenig verwischt.
Richard Eckstein [11.03.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Edvard Grieg | ||
1 | Sonate op. 36 for Violoncello and Piano | 00:30:56 |
4 | Intermezzo a-Moll EG 115 für Violoncello und Klavier | 00:02:49 |
5 | Was soll ich sagen h-Moll op. 2 Nr. 4 | 00:03:15 |
6 | Die Waise a-Moll op. 4 Nr. 1 | 00:03:03 |
7 | Poesy op. 18 No. 5 | 00:02:27 |
8 | Sonate Nr. 3 c-Moll op. 45 für Violine und Klavier | 00:05:58 |
9 | Ich liebe dich C-Dur op. 5 Nr. 3 | 00:02:34 |
10 | Vet Gjætle-Bekken A-Dur op. 67 Nr. 8 | 00:05:58 |
11 | Sonnenuntergang A-Dur op. 9 Nr. 3 | 00:02:52 |
12 | Nun ruhest du im Grabe h-Moll op. 59 Nr. 6 | 00:02:20 |
Interpreten der Einspielung
- Ramón Jaffé (Violoncello)
- Andreas Frölich (Klavier)