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Besprechung CD/SACD

Tacet S 163

1 CD/SACD • 60min • 2008

05.08.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 3
Klangqualität:
Klangqualität: 6
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 5

Label-Inhaber und Tonmeister Andreas Spreer geizt im Booklet dieser Produktion wieder einmal nicht mit Ausrufezeichen. Der Eifer, mit dem er für einen unverfälscht wirkenden CD-Klang wirbt, wirkt befremdlich – besonders aber, wenn hier auch noch ein ein weiterer Booklet-Autor Binsenweisheiten über das “Hören lernen” verbreitet, die schon Leonard Bernstein in seinen Young People’s Concerts in den 60er Jahren anschaulicher zu vermitteln wußte. Dazu muß man nicht Adorno rauf- und runterbeten.

Die überwiegende Anzahl von Neu-Einspielungen der Vier Jahreszeiten sind der historischen oder historisch informierten Aufführungspraxis verpflichtet – diese nicht. Dem Höreindruck nach wird auf modernen Instrumenten musiziert. Der Stimmton liegt ausgesprochen hoch, bei etwa a’ = 445 Hz. Alle Beteiligten erwecken den Eindruck, als ob sie diese Konzerte so exzessiv und interessant wie möglich gestalten möchten, doch der Klang hat so wenig Wärme, daß man schon beim Frühling ins Frösteln gerät. Da hilft dann auch eine unverfälscht wirkende Klangtechnik nicht weiter – und hier nötigt die Klangabbildung im 5-Kanal-Modus den Hörer sogar dazu, das Solo von vorn, das Geigen-Rauschen von der Seite und das Continuo von hinten zu hören, fernab der Konzert-Realität. Am in sich schlüssigsten wirkt am ehesten noch der Winter mit seinen nun wirklich unerhörten und beabsichtigten “falschen Tönen” und improvisierten Cembalo-Einsprengseln zu Beginn (Tr. 10); doch hört man dagegen die Einspielung dieses Satzes beispielsweise mit der relativ zurückhaltenden Academy of Ancient Music (L´Oiseau Lyre 417 517 2), dann überfällt einen der Winter zwar nicht gleich mit grimmigster Kälte, aber die Dramaturgie läßt doch wenig Winter-Gefühl zu wünschen übrig – ganz zu schweigen von anderen hervorragenden neueren Einspielungen wie mit Andrew Manze, Giuliano Carmignola oder Simon Standage.

Daniel Gaede, der immerhin sechs Jahre lang ein Konzertmeister der Wiener Philharmoniker war, ist natürlich kein schlechter Geiger. Doch von fundierter Kenntnis der historischen Aufführungspraxis sowohl bezüglich der Soli wie auch des Ensembles ist hier nicht viel zu hören. Es gibt zwar kein Dauer-Sostenuto und Schaumzucker-Vibrato, doch Gaede als Leiter von der Geige aus läßt das Orchester ausgesprochen kurzatmig artikulieren, die Phrasen-Enden wirken wie abgehackt. Der Gesamtklang ist rauh, scharf, aggressiv und farblos. Dazu trägt auch das Continuo bei, das hier nur mit einem einzigen Cembalo besetzt ist. (Kundige Barock-Ensembles ziehen heute in der Regel auch Orgel, Chitarrone und Laute hinzu, um eine größere Farbenvielfalt zu erzielen.) Natürlich sind alte Instrumente kein “Muss”, aber wenn man schon auf modernen Instrumenten spielt, dann sollte man es zumindest beseelt und farbig tun. Deshalb höre ich mir lieber die alte Aufnahme der Festival Strings Lucerne unter Rudolf Baumgartner mit Wolfgang Schneiderhan als Solist an (DG 431 479 2), oder die schöne Einspielung der New Yorker Philharmoniker mit Geiger John Corigliano und Leonard Bernstein höchstselbst am Cembalo (Sony SMK 63161). Beide sind zwar auf modernen Instrumenten und nach heutigem Verständnis sicher kaum “historisch informiert”, aber musikalisch weitaus lebendiger und interessanter.

Dr. Benjamin G. Cohrs [05.08.2008]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Antonio Vivaldi
1Konzert E-Dur op. 8 Nr. 1 RV 269 (Der Frühling - aus: Die vier Jahreszeiten) 00:09:08
4Konzert g-Moll op. 8 Nr. 2 RV 315 (Der Sommer - aus: Die vier Jahreszeiten) 00:06:41
7Konzert F-Dur op. 8 Nr. 3 RV 293 (Der Herbst - aus: Die vier Jahreszeiten) 00:10:54
10Konzert f-Moll op. 8 Nr. 4 RV 297 (Der Winter - aus: Die vier Jahreszeiten) 00:08:13
13Concerto g-Moll op. 12 Nr. 1 RV 317 00:10:40
16Violinkonzert E flat major RV 257 00:10:58

Interpreten der Einspielung

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