LSO Live LSO0623
2 CD • 2h 28min • 2007
25.07.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Benvenuto Cellini, bei der Pariser Uraufführung 1838 mit Pauken und Trompeten durchgefallen und vom Komponisten später für Franz Liszt in Weimar gänzlich umgearbeitet, erlebte 1966 an der Londoner Covent Garden Opera in einer historisch-kritischen Rekonstruktion der Originalfassung eine triumphale Wiedergeburt. Nicolai Gedda sang die Titelrolle, John Pritchard dirigierte. Die Inszenierung von John Dexter war ganz auf den Augenschmaus ausgerichtet, soll aber dramaturgisch weniger stringent gewesen sein. Dieser Londoner Erfolg war sozusagen der Startschuß für eine Neubelebung des Musikdramatikers Berlioz auf den internationalen Bühnen.
Colin Davis, der 1971 von Georg Solti die Leitung von Covent Garden übernahm, startete gleichzeitig bei der Firma Philips einen Zyklus seiner Opern, der Schallplatten-Geschichte geschrieben hat. Im Falle von Benvenuto Cellini (1972) handelte es sich um die Ersteinspielung des Werks überhaupt. Natürlich wurde wiederum Gedda als Cellini eingesetzt, ein überwiegend französisches Sänger-Team stand ihm zur Seite. Die damals gesetzten Standards wurden von keiner der folgenden Aufnahmen überboten – auch nicht von diesem aktuellen Remake, das von Davis selbst veranstaltet wurde und in erster Linie ein Dokument der großen Leistungsfähigkeit des London Symphony Orchestra ist. Gegenüber der früheren Aufnahme sind ein paar markante Striche zu verzeichnen, die jedoch die Proportionen nicht stören und eine Unterbringung der Oper auf zwei CDs gewährleisten. Erstaunlich ist die Leidenschaft und Frische, mit der sich der mittlerweile 80jährige englische Maestro auf das Werk stürzt, das offenbar zu seinen Lieblingsstücken gehört. Da springt schon bei der Ouvertüre der berühmte Funke über und der Hörer läßt sich gerne in den Strudel des turbulenten Geschehens reißen, das beim Römischen Karneval und in der Finalszene mit dem explodierenden Kessel ihre Höhepunkte findet. Die reiche Klangfarbenphantasie des französischen Komponisten wird von den britischen Musikern aufs Beste umgesetzt.
Solches Lob kann man den Sängern nicht zollen. Einzig Laura Claycomb, eine aufstrebende Belcanto-Queen, die schon in mehreren Opera Rara-Produktionen aufhorchen ließ, kann an das Niveau der früheren Aufnahme anschließen. Gregory Kunde jedoch, in den letzten Jahren häufig in Berlioz-Partien zu hören, hat seinen von Haus aus leichten lyrischen Tenor derart ins Heldische aufgeblasen, dass man an dem heftigen Gewackel bei exponierten Stellen kaum Vergnügen finden kann. Die übrigen Sänger sind ordentlich, aber nicht signifikant. Isabelle Cals macht mit ihrem reizarmen Mezzo recht wenig aus der dankbaren Hosenrolle des Lehrlings Ascanio und John Relyea legt Papst Clemens VII als orgelnden Finsterling à la Hunding an.
Ekkehard Pluta [25.07.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hector Berlioz | ||
1 | Benvenuto Cellini op. 23 (Opera in three acts, Weimar Version, in French) |
Interpreten der Einspielung
- Gregory Kunde (Cellini - Tenor)
- Laura Claycomb (Teresa - Sopran)
- Peter Coleman-Wright (Fieramosca - Bariton)
- Darren Jeffery (Giacomo Balducci - Baß)
- Andrew Kennedy (Francesco - Tenor)
- Isabelle Cals (Ascanio - Mezzosopran)
- John Relyea (Le Pape - Baß)
- Jacques Imbrailo (Pompeo - Bariton)
- Andrew Foster-Williams (Bernardino - Baß)
- Alasdair Elliott (Le cabaretier - Tenor)
- London Symphony Chorus (Chor)
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Sir Colin Davis (Dirigent)