Jean-Baptiste Lully Ballets & récits italiens
Glossa GCD 921509
1 CD • 72min • 2008
05.11.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Auf der Suche nach einem „hübschen Knaben“, der mit Anne Marie Louise d’Orléans, Herzogin von Montepensier, italienische Konversation machen konnte, wurde der Chevalier de Guise 1646 in Florenz fündig: Der13-jährige Giovanni Battista Lulli begleitete ihn an den französischen Königshof nach Paris, wo die Herzogin, eine Cousine König Ludwigs XIV., unter dem Titel La Grande Mademoiselle lebte. Als Page der hohen Dame hatte Lulli die Grande Mademoiselle nicht nur zu unterhalten und auf der Gitarre zu begleiten, zu seinen Aufgaben gehörte es auch, ihre Garderobe zu sortieren, die Kamine zu heizen und die Kerzen anzuzünden. Daneben vervollständigte der begabte junge Mann, der jetzt Jean-Baptiste Lully hieß, seine musikalische Bildung und wurde auch noch zum Ballett-Tänzer ausgebildet.
Bald freundete sich der junge Florentiner mit Ludwig XIV. an, dem königlichen Kind, das nach dem Tod seines Vaters 1643 bereits im Alter von fünf Jahren König von Frankreich geworden war. Der kindliche Monarch, sechs Jahre jünger als Lully, wuchs unter dem strengen Regiment seiner Mutter Anna von Österreich und des Kardinals Mazarin gemeinsam mit den anderen Kindern des Hofstaats auf und war äußerlich kaum vom Sohn eines Dienstboten zu unterscheiden: Aus Sorge, die kostbaren Staatsgewänder könnten Schaden nehmen, hütete der geizige Kardinal Mazarin sie wie seinen Augapfel und so lief der kleine Ludwig alltäglich wie jeder andere Knabe gekleidet herum.
Gemeinsam mit Lully lernte auch Ludwig das Ballett kennen und fand am Tanz außerordentliches Gefallen. Der Film Der König tanzt von Gérard Corbiau war im Jahr 2000 mit einer farbigen und fantasievollen Schilderung des Verhältnisses zwischen dem tanzwütigen Ludwig und seinem Hofmusiker Lully ein Kassenschlager des Kinos. 1653 trat der 15-jährige König selbst als aufgehende Sonne im Ballet royal de la nuit auf; und von nun an setzte Lully ganz und gar auf das Mäzenatentum seines hohen Freundes: Da La Grande Madame inzwischen in Ungnade gefallen war und Paris hatte verlassen müssen, kam der Titel Compositeur de la musique instrumentale, mit dem Ludwig ihn auszeichnete, dem mittlerweile 21-jährigen Musiker höchst gelegen. Später, nach der Machtübernahme des Sonnenkönigs 1661, kam noch ein weiterer Titel hinzu: Maître de la musique de la famille royale – die Bindung an Frankreichs erste Familie war offenkundig und stach manchem Neider in die Augen. In der Folgezeit baute Lully seine Machtposition in der französischen Musikszene zielstrebig aus und wurde weit über seinen Tod hinaus zum stilbildenden Komponisten des französischen Spätbarocks.
Noch bevor Lully in den 1670er Jahren mit der tragédie lyrique das Modell der französischen Barockoper schuf, komponierte er zahlreiche Ballette, die auch immer wieder vokale Einlagen enthielten – zum Teil in seiner italienischen Mutersprache. Die vorliegende CD bringt solche italienischen Gesangseinlagen in ihrem orchestralen Umfeld: Fabio Bonizzoni richtet mit seinen Musikern und drei Sopranistinnen ein wahrhaft königliches Vergnügen an. Da sprüht ein Feuerwerk von Charme und Esprit, und die über dreihundert Jahre alte Musik fährt einem auch heute noch in die Beine!
Detmar Huchting [05.11.2009]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean-Baptiste Lully | ||
1 | Ballet de la Raillerie LWV 11 | 00:12:54 |
2 | Aimons sans cesse LWV 45 | 00:05:06 |
3 | Ballet d'Alcidiane LWV 9 | 00:03:22 |
4 | Ballet des Nations LWV 43 | 00:14:45 |
8 | Ballet de l'Amour Malade LWV 8 | 00:06:03 |
10 | Ballet d'Alcidiane LWV 9 | 00:05:26 |
11 | Ballet de Flore LWV 40 | 00:06:38 |
12 | Ballet d'Alcidiane LWV 9 | 00:11:17 |
13 | Ballet des Amours Dégiusés LWV 21 | 00:06:26 |
Interpreten der Einspielung
- Emanuela Galli (Sopran)
- Yetzabel Arias Fernández (Sopran)
- La Risonanza (Ensemble)
- Stefanie True (Sopran)
- Fabio Bonizzoni (Leitung)