Lotusland
Symphonic Works by Arvid Kleven
BIS 1542
1 CD • 65min • 2005
12.03.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der norwegische Komponist Arvid Kleven (1899-1929) mag dem einen oder anderen schon einmal als Orchestrator von Liedern Edvard Griegs untergekommen sein. So gut wie unbekannt waren bisher seine eigenen orchestralen Hauptwerke. Dies ändert sich nun dankenswerterweise durch diese neue BIS-Produktion. Kleven war weitgehend Autodidakt, war schon mit 19 Flötist im Nationaltheater in Kristiania, und mit knapp 23 Jahren hatte er seinen Durchbruch als Komponist - mit der Tondichtung Lotusland, die er 1921/22 in Paris schrieb. Das Stück erinnert in mancher Hinsicht so sehr an das Vorspiel zum Nachmittag eines Faunes von Debussy, dass man beide Werke gut hintereinander aufführen könnte. Dessen ungeachtet ist Klevens Tonsprache schon hier voller persönlicher Eigenart und das Stück ist meisterlich instrumentiert.
Das gilt auch für sein nächstes Orchesterwerk, Der schlafende Wald, komponiert 1923, von den Kritikern verrissen, aber auch später ausgewählt, um Norwegen 1927 beim nordischen Musikfest in Stockholm zu vertreten. Zwischen diesen beiden Werken und den beiden anderen Stücken auf dieser CD gibt es einen hörbaren Riss: In seiner Sinfonischen Fantasie (1926) wandte sich Kleven vom Impressionismus ab und der zweiten Wiener Schule zu; 1926/27 studierte er in Berlin bei Schönberg und komponierte dort eine Sinfonia libera in due parte, von der bis zur geplanten Aufführung im April 1927 jedoch nur der erste Teil fertig wurde. Man weiß nicht, ob der zweite Teil verloren ging oder überhaupt je komponiert wurde. Beide Werke wurden wiederum von der Kritik verrissen, und da Kleven 1929 plötzlich starb, kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag, sind sie auch nie veröffentlicht worden. Der Komponist und Fagottist Robert Rønnes edierte die Stücke in jahrelanger Arbeit nach den Manuskripten.
Es ist bedauerlich, dass es Kleven nicht vergönnt war, länger zu leben. Die hier präsentierten Werke geben zu den besten Hoffnungen Anlass. Vom Zauber der beiden Tondichtungen lässt man sich als Hörer sofort ganz gefangen nehmen; der Konstruktivismus der letzten beiden Werke wirkt freilich so kühn wie auch spröde. Schade, dass BIS durch die Anordnung auf der CD (die beiden späten Werke rahmen die beiden frühen ein) versuchte, diesen Bruch zu kaschieren: Wer aus Neugier nur in den ersten Track hineinhört, dürfte als unbedarfter Hörer eher abgestoßen sein und verpasst dann das hinreißende, innige Lotusland und den wunderbaren Schlafenden Wald. Susanna Mälkki und das Stavanger Symphony Orchestra widmen sich dieser wichtigen diskographischen Tat mit allem zu Gebote stehenden Einsatz, doch beschleicht einen beim Hören das Gefühl, dass auch ihnen die beiden Frühwerke besser gefallen haben …
Dr. Benjamin G. Cohrs [12.03.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Arvid Kleven | ||
1 | Symfonisk Fantasi op. 15 | 00:19:31 |
2 | Skogens Søvn op. 9 (Sinfonische Dichtung) | 00:11:23 |
3 | Lotusland op. 5 | 00:14:26 |
4 | Sinfonia Libera in due parte op. 16 | 00:18:55 |
Interpreten der Einspielung
- Stavangar Symphony Orchestra (Orchester)
- Susanna Mälkki (Dirigentin)