Georg Philipp Telemann
Complete Violin Concertos Vol. 3
cpo 777 473-2
1 CD • 61min • 2009
06.08.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Das barocke Zeitalter war in der Vermischung der Genres mindestens so erfindungsreich wie spätere Epochen. So ist der Titel dieser im Entstehen begriffenen Totale der „Violinkonzerte“ Georg Friedrich Telemanns irreführend: Es handelt sich nicht eigentlich um Solokonzerte, was schon die formale Anlage der ersten beiden hier vorgestellten Werke als französische Ouvertüren mit dreiteiligem Eröffnungssatz nach dem Muster langsam–schnell–langsam und anschließenden Tanzsätzen anzeigt. Telemann hat vielmehr – und dies übrigens in jeweils unterschiedlicher Art und Weise – ausgreifende Passagen für die Solovioline in die einzelnen Sätze integriert. Die hier verwendete, auf den amerikanischen Musikwissenschaftler Steven Zohn zurückgehende Genrebezeichnung „Concert en ouverture“ ist also eine moderne Erfindung und trägt einerseits dem französischen Formtypus der originellen Werke, andererseits aber auch dem Umstand Rechnung, dass im heutigen Sprachgebrauch die an sich sinnvolle Klassifizierung als „Konzert-Ouvertüre“ etwas anderes meint, nämlich die autonom stehende einsätzige Ouvertüre vor allem des 19. Jahrhunderts.
Doch die komplexen Zuordungsschwierigkeiten, welche die barocke Produktion ein weiteres Mal jeden Schematisierungsinteressen entziehen hilft, spielen für den Genuss dieser sorgfältig gestalteten Platte keine Rolle. Ähnlich frisch, einfallsreich und gänzlich unschematisch wie Telemann komponiert, legt auch „The Wallfisch Band“ unter ihrer Leiterin und Solo-Violistin Elizabeth Wallfisch die Interpretationen an. Die zu gefährlicher Öde tendierende Gleichmacherei mancher Alte-Musik-Ensembles hat keinerlei Chance: Weder sind die Tempi klischeehaft schnell – es werden auch einmal einzelne Sätze angenehm zurückgehalten, wie etwa Menuett und Sarabande aus dem Concerto D-Dur TWV 55: D 14 – noch ist die Phrasierung durchgängig forsch. Elizabeth Wallfisch legt ihre Solopassagen wohltuend pragmatisch an, versucht nicht, in das Figurenwerk artikulatorische Einzigartigkeit hineinzulegen, wo sie nicht vorliegt und auch gar nicht gewollt ist.
Und immer wieder überraschen hübsche kleine Gimmicks, wie etwa die hinreißend angeschliffenen Spitzentöne in der Caprice des D-Dur-Konzertes, ein lang nachklingender, fast träumerisch wirkender Cembalo-Akkord am Schluss des ersten Satzes oder ein mürrisches, harsch strahlendes Unisono in der Invention III des „Concert en ouverture“ A-Dur TWV 55: A 7, das fast schon auf Haydn vorauszuweisen scheint. Kurzweiliger Barock!
Prof. Michael B. Weiß [06.08.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Ouvertürenkonzert D-Dur TWV 55:D14 | 00:25:46 |
8 | Ouvertürenkonzert A-Dur TWV 55:A7 | 00:22:44 |
15 | Konzert G-Dur TWV 52:G1 für 2 Violinen, Streicher und B.c. | 00:11:31 |
Interpreten der Einspielung
- Elizabeth Wallfisch (Violine, Leitung)
- Susan Carpenter-Jacobs (Violine)
- The Wallfisch Band (Ensemble)