
Pan Classics PC 10219
2 CD • 2h 20min • 2009
07.09.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mit 17 Jahren floh der Joseph Anton Steffan (1726-1797), Sohn des Schulmeisters und Kirchenorganisten im böhmischen Kopidlno, vor den heranrückenden preußischen Truppen aus seiner Heimatstadt nach Wien. Dort traf er auf den hilfreichen Herrn seiner Heimatstadt, den Grafen Schlick, der ihn auch schon zu Hause gefördert hatte. Jetzt besorgte der Graf seinem Schützling den besten Musiklehrer, den die Kaiserstadt zu bieten hatte: Georg Christoph Wagenseil, Hofkomponist Ihrer Majestät Maria Theresia. Bald schon galt Steffan als Wagenseils bester Schüler und brillantester Cembalist in Wien. 1766 wurde er zum Klavierlehrer der Erzherzoginnen Maria Karolina und Maria Antonia, der späteren Königin Marie Antoinette von Frankreich, ernannt. Marie Antoinette jedenfalls wurde zu einer guten Clavierspielerin, die sich bis in ihre Haft im Temple während der Französischen Revolution mit Musik trösten konnte.
Steffan erkrankte 1775 an einem Augenleiden, musste seine Tätigkeit bei Hofe beenden und sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Dank einer guten Pension vom Kaiserhof konnte er sorglos leben; er arbeitete unangefochten weiter, diktierte seine Kompositionen zunächst, um sie dann später bei wieder erlangter Sehfähigkeit selbst zu notieren. 1797 starb er, schon zum Zeitpunkt seines Todes weitgehend vergessen. Seine Klavierwerke zeugen von bemerkenswerter Eigenständigkeit – sie wecken nicht direkt zeitgenössische Assoziationen, weder an Haydn noch an Philipp Emmanuel Bach, um zwei berühmte Zeitgenossen zu erwähnen. Sicher liegt auch in dieser Eigenständigkeit bei einem Mann, der am Diskurs seiner Zeit nur ungenügend teilnehmen konnte, ein Grund, warum jüngere Zeitgenossen und die Nachwelt über Joseph Anton Steffan hinweggingen – und er so für die weitere Entwicklung der Klaviermusik folgenlos bleiben musste.
So gibt es heute guten Grund, dieser besonderen Stimme der Frühklassik wieder zu Geltung zu verhelfen. Edoardo Torbanelli tut dieses mit Engagement und Zuneigung auf einem Original-Hammerklavier von 1800 aus der Wiener Manufaktur Frère Sœur Stein; Mozart hat die Instrumente der Familie Stein Ende der 1770er Jahre, als Vater Stein seine Werkstatt noch in Augsburg betrieb, hoch geschätzt. Das Instrument dieser Aufnahme mit seinem für das Jahr 1800 etwas altmodischen Ton passt bestens zur Musik Franz Anton Steffans – ein besseres Porträt lässt sich zur Rehabilitierung eines vergessenen Haydn-Zeitgenossen kaum vorstellen. Besonders Liebhaber der Claviermusik des 18. Jahrhunderts sollten sich diese Doppel-CD nicht entgehen lassen!
Detmar Huchting [07.09.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Joseph Anton Steffan | ||
1 | Divertimento Es-Dur op. 1 Nr. 6 | 00:14:16 |
5 | Sonate Es-Dur | 00:14:02 |
8 | Sonate C-Dur op. 3/II Nr. 1 | 00:14:16 |
13 | Sonate G-Dur | 00:07:46 |
15 | Capriccio Nr. 5 c-Moll | 00:08:27 |
16 | Sonate B-Dur | 00:15:42 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Capriccio Nr. 4 A-Dur | 00:05:55 |
2 | Sonate A-Dur | 00:13:08 |
5 | Capriccio Nr. 3 G-Dur | 00:06:40 |
6 | Sonate Es-Dur | 00:14:18 |
10 | Sonate g-Moll op. 3/I Nr. 1 | 00:25:06 |
Interpreten der Einspielung
- Edoardo Torbianelli (Klavier)