cpo 777 585-2
1 CD • 80min • 2009
29.12.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Fünfzig Minuten faszinierendes, im besten Sinne eigensinniges Klavierspiel, Klavierfühlen und Klavierdenken auf Wanderschaft in den schönen Verwerfungen des vorwiegend literarischen Italien! Auf fast 80 Minuten erweitert Michael Korstick seine Spurensuche nicht mit dem Venezia e Napoli-Anhang des zweiten Bandes der Années de Pèlerinage, sondern mit einer Auswahl aus dem Spätwerk. Eine zunächst überraschende Idee, aber eine – wie ich meine – anregende Gegenüberstellung im Sinne der ideellen Weite des Lisztschen Erlebens und Schaffens.
Für die sieben Stücke der zweiten Italien-Erkundung hat Korstick eine eigene Sprache, wenn nötig ein eigentümliches „Singen“ entwickelt, geprägt von starken, rigorosen Akzenten, bald nachdenklich, bald vibrierend in den Wechselfällen der charakterlich so gegensätzlichen Szenen. Selten in den mittlerweile zahlreichen Einspielungen ist die Erregung im zweiten Teil des einleitenden Sposalizio-Stückes so mächtig hervorgehoben worden. Kaum je habe ich die Canzonetta del Salvator Rosa so entschieden in die Nähe einer folkloristischen Ruppigkeit erlebt! Ungemein fordernd gibt Korstick auch den Beginn des Petrarca-Sonetts 47, energisch, herausfordernd, kurz angebunden die Akkordschläge am Beginn des Sonetts Nr. 104. Dadurch ereignen sich unter den Händen des Pianisten die sinnlichen, larmoyanten Paassagen als echte Zeugnisse suchender, erlöster, fragender, beschwichtigter Seelenzustände – erläutert und versilbert durch perlende Klavierkoloraturen in Skalen und rasanten, raffinierten Doppelgriffen. Sie zeigen Korstick als perfekten Mechaniker, freilich im Sinne von Bedeutung und Sinnerfüllung, nicht nur im Unsinne glatter Betriebsamkeit.
Mit seiner Interpretation der Dante-Sonate reiht sich Korstick nach meiner Rangliste ins Spitzenfeld der mir bekannten Versionen ein (Afanassiev, der frühe Brendel, Lazar Berman, Cziffra, Volodos). Die Tritonus-Schläge des Beginns kommen scharf, aber nicht peinigend wie so oft, wenn in Wettbewerben das Werk geradezu verhunzt wird. Himmlisch verklärend gelingen Korstick die kantabel und tremolierend in bessere Welten entführenden Sensibel-Sequenzen, packend, mit großem Ton die große Schlussentwicklung, deren schwierige Sprungkombinationen nicht nur technische Souveränität, sondern auch Freude an der Überwindung von Hindernissen erkennen lässt.
Vergleichsaufnahmen: Années de Pèlerinage II: Brendel (Philips; Musidisc LP RC 880), Cziffra (EMI 50999 213251 2 0), L. Berman (DG LP 2740 175); Dante-Sonate: Afanassiev (EMI LP 2 C 069-14006), Volodos (Sony 8869758872).
Peter Cossé † [29.12.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Liszt | ||
1 | Années de pèlerinage - deuxième année: Italie S 161 | 00:50:06 |
8 | Wiegenlied | 00:03:43 |
9 | Mosonyis Grabgeleit | 00:06:53 |
10 | Am Grabe Richard Wagners | 00:03:11 |
11 | La lugubre gondola S 200 Nr. 2 (Die Trauergondel) | 00:08:49 |
12 | Trauervorspiel und Trauermarsch | 00:06:24 |
Interpreten der Einspielung
- Michael Korstick (Klavier)