Pervez Mody
plays Scriabin Vol. 3
Thorofon CTH2590
1 CD • 74min • 2011
07.02.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Bei dem in Deutschland lebenden indischen Pianisten Pervez Mody handelt es sich um einen der inzwischen zahlreichen Musiker von Rang, die aus Kulturkreisen stammen, in denen die Musik der hiesigen Breiten zunächst zumindest eine Fremdsprache sein muss. Die Internationalisierung des Kulturbetriebs, mehr noch in letzter Zeit die Globalisierung haben es mit sich gebracht, dass nicht nur – wie zu Zeiten des „Kalten Krieges" – auserwählte Talente aus Vietnam, aus der Volksrepublik China oder aus den europäischen Ostblockstaaten in Moskau studieren konnten. Mittlerweile ist ein reger Austausch möglich. Und er wird auch fleißig ausgenutzt. Ich erinnere mich, als in den späten 70er Jahren der Libanese Rahman El Bacha den Brüsseler Concours Reine Elisabeth gewann, da reagierte man noch überrascht auf den Exoten aus dem Nahen Osten. Inzwischen sind die heimischen Ausbildungsstätten von koreanischen, chinesischen und japanischen Studenten geradezu überschwemmt. Und – das will ich gerne zugeben – das emotionale und fachliche Verständnis für die abendländische Musik hat im Durchschnitt des von mir beobachteten Nachwuchses eminent zugenommen.
Kurzum: ein „Konzertpianist", wie Pervez Mody im Begleitheft etwas altväterlich etikettiert wird – ein Klaviermusiker also von indischer Herkunft ist der willkommene Beweis, dass es keine oder wenigstens kaum noch ästhetische und instrumentale Zugangsbegrenzungen gibt. Und Mody versteht sein Handwerk, das haben nicht nur seine Moskauer Ausbildner, sondern auch die stets nach Begabungen Ausschau haltende Martha Argerich bestätigt. Und dies leistet auch die vorliegende Skrjabin-Übersicht mit zwei Sonaten, mit einer Reihe von kleinen Charakterstücken und als drittem „Hauptwerk" die technisch extrem anspruchsvollen acht Etüden op. 42. Mody hat diese Werksammlung im Bereich ihrer dringlichsten expressiven und technischen Wertigkeiten – samt deren dramaturgischen Überlappungen – sicher im Griff. Er meistert etwa die in ihren Linien, Punktierungen und dynamischen Momentanexzessen zugespitzte, ja fast schon überladene cis-Moll-Etüde op. 42,5 ohne Schweißtropfen auf den flinken Händen. In den extremen – und für die Musik Skrjabins so entscheidenden Passagen –erreicht Mody jedoch nicht jene Werte des Sinnlichen, des Befeuerten, des schönen Fragwürdigen und Hintergründigen, wie es etwa im Bereich der genannten Etüde von den Aufnahmen vor allem mit dem blutjungen Kissin oder dem reifen Horowitz in Erinnerung ist (und wohl für alle Ewigkeit in Erinnerung bleiben wird!).
Hier wird einmal wieder deutlich, dass es bei allem Respekt vor einer grundsoliden pianistischen und gestalterischen Leistung doch von erheblicher Bedeutung bleibt, ob ein Musikdarsteller am Klavier nicht nur auf hohem Niveau den Textvorlagen folgt und diese tadellos abzubilden versteht, sondern darüber hinaus den Hörer für unvergessliche Momente in eine andere Welt des erlebenden Lauschens zu versetzen vermag. Ich denke hier an die Skrjabin-Deutungen von Vladimir Sofronitski, Sviatoslav Richter, Vladimir Horowitz und an den erwähnten Kissin-Mitschnitt eines Recitals 1987 auf einem Podium in Tokyo. Bei Mody wird das Fassbare Ereignis, bei Kissin das Unfassbare!
Vergleichsaufnahme: Kissin (Laserdisc Sony SLV 46375)
Peter Cossé † [07.02.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Alexander Scriabin | ||
1 | Klaviersonate Nr. 2 gis-Moll op. 19 (Sonate-Fantasie) | 00:12:40 |
3 | Prélude d-Moll op. 17 Nr. 1 – Allegretto | 00:01:38 |
4 | Präludium Es-Dur op. 17 Nr. 2 – Presto | 00:00:55 |
5 | Präludium Des-Dur op. 17 Nr. 3 – Andante | 00:02:09 |
6 | Präludium b-Moll op. 17 Nr. 4 – Lento | 00:01:36 |
7 | Präludium f-Moll op. 17 Nr. 5 – Prestissimo | 00:01:15 |
8 | Präludium B-Dur op. 17 Nr. 6 – Andante doloroso | 00:01:45 |
9 | Präludium g-Moll op. 17 Nr. 7 – Allegro assai | 00:01:31 |
10 | Prelude B major op. 16 No. 1 – Andante | 00:02:58 |
11 | Prelude g sharp minor op. 16 No. 2 – Allegro | 00:01:19 |
12 | Prelude G flat major op. 16 No. 3 – Andante cantabile | 00:02:14 |
13 | Prelude e flat minor op. 16 No. 4 – Lento | 00:01:13 |
14 | Prelude f sharp minor op. 16 No. 5 – Allegretto | 00:00:35 |
15 | Nocturne fis-Moll op. 5 Nr. 1 – Andante | 00:03:27 |
16 | Nocturne A-Dur op. 5 Nr. 2 – Allegretto | 00:02:32 |
17 | Etüde Des-Dur op. 42 Nr. 1 – Presto | 00:02:02 |
18 | Etüde fis-Moll op. 42 Nr. 2 | 00:00:58 |
19 | Etüde Fis-Dur op. 42 Nr. 3 – Prestissimo | 00:00:58 |
20 | Etüde Fis-Dur op. 42 Nr. 4 – Andante | 00:02:34 |
21 | Etüde cis-Moll op. 42 Nr. 5 – Affanato | 00:03:29 |
22 | Etüde Des-Dur op. 42 Nr. 6 – Esaltato | 00:02:12 |
23 | Etüde f-Moll op. 42 Nr. 7 – Agitato | 00:00:53 |
24 | Etüde Es-Dur op. 42 Nr. 8 – Allegro | 00:02:36 |
25 | Feuillet d'Album E flat major op. 45 No. 1 (Albumblatt - from: Stücke für Klavier op. 45 Nr. 1-3) | 00:01:29 |
26 | Poème fantasque C-Dur op. 45 Nr. 2 | 00:00:24 |
27 | Prélude Es-Dur op. 45 Nr. 3 | 00:01:27 |
28 | Désir op. 57 Nr. 1 | 00:01:33 |
29 | Caresse dansée op. 57 Nr. 2 | |
30 | Klaviersonate Nr. 7 op. 64 (Weiße Messe) | 00:13:32 |
Interpreten der Einspielung
- Pervez Mody (Klavier)