Anton Heiller
Sämtliche Orgelwerke Vol. 1
Ambiente ACD-2027
1 CD • 62min • 2012
30.04.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Professor für Kirchenmusik und kirchenmusikalische Komposition, renommierter Konzertorganist, Freund Paul Hindemiths, dessen spätes Orgelkonzert er uraufführte: Anton Heiller (1923 – 1979) war international wie natürlich besonders innerhalb des Wiener Musiklebens eine wichtige Figur. Unmittelbar nach dem Krieg konnte der 1923 geborene hochbegabte und vor allem politisch völlig unbelastete Musiker zur personalen Erneuerung der Wiener Musikhochschule beitragen; besondere Verdienste erwarb er sich, wie der sehr informative Beiheft-Text dieser CD vom Organisten Roman Summereder beschreibt, dadurch, dass er die während der Nazi-Diktatur „abgerissenen Verbindungsfäden zur Moderne wieder aufgriff“ und als Pianist und Dirigent die damals noch unbekannten Werke Hindemiths, Bartóks, Strawinskys und anderer erstmals der Öffentlichkeit zugänglich machte.
Roman Summereder, Orgelprofessor an der Wiener Universität für Musik und Schüler Anton Heillers, hat nun eine Gesamtschau der Orgelwerke Heillers begonnen, deren erster Teil überaus sorgfältig und aufwendig produziert wurde. Die herrliche „Bruckner-Orgel“ der Stiftsbasilika St. Florian in Oberösterreich ist klar und natürlich aufgenommen worden, die Ausstattung der CD ist erstklassig und erweist Heiller einen echten Dienst; und man kann davon ausgehen, dass der Heiller-Schüler Summereder weiß, was er da spielt.
Es bleibt die Frage, ob die Entdeckungen auch kompositorisch lohnen oder ein auf Wien beschränktes Regionalphänomen bleiben; in der offiziellen Musikgeschichtsschreibung seit dem Krieg hat Heiller ja kaum eine Rolle gespielt. Diese Vernachlässigung ist jedoch unbegründet, wie die hier vorgestellten frühen Werke des gerade einmal Anfang, Mitte Zwanzigjährigen beweisen. Besonders positiv wirkt sich aus, dass Heiller entschlossen an die – wenn auch gemäßigte – Moderne anknüpft und sich gar nicht mehr damit aufhält, die mit Franz Schmidt und anderen beendete Spätromantik erst zu überwinden. Besonders die Erste Orgelsonate von 1944/45 ist harmonisch kühn und in der Stimmführung eigenwillig, da Heiller im ersten Satz alle avancierten Entwicklungen immer wieder auf die reine Oktav hinauslaufen läßt. Einflüsse Bartóks und Hindemiths offenbaren sich am stärksten in der Rhythmik, etwa in Ostinatopassagen. Die größte Schwäche dieser frühen Kompositionen ist die passagenweise allzu gleichmäßige und vorausschaubare Metrik, die sich so weder bei Bartók noch bei Hindemith findet.
Beeindruckend ist jedoch im Ganzen der Ernst, die Sachlichkeit und Nüchternheit der musikalischen Sprache, die Heiller selbst programmatisch forderte, und welche das Hören besonders der beiden Orgelsonaten zu einem mitunter spröden, jedoch intellektuell fordernden und emotional unbelasteten Vergnügen macht; die beiden Choralpartiten von 1947 zählen eher zur Gebrauchsmusik. In den absoluten Werken jedoch versteht es Heiller, formale Strenge mit improvisatorischer Gedankenfülle zu verbinden und gleichsam rational herbeigeführte und dennoch sehr wirkungsvolle Höhepunkte zu setzen. Es wäre zu wünschen, dass die besten von Anton Heillers Werken öfter aufgeführt würden.
Prof. Michael B. Weiß [30.04.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Anton Heiller | ||
1 | Sonate Nr. 1 für Orgel | 00:22:43 |
2 | Freu dich sehr, o meine Seele (Partita) | 00:04:50 |
8 | Vater unser im Himmelreich | 00:08:55 |
14 | Sonate Nr. 2 für Orgel | 00:17:22 |
17 | Präludium und Fuge A-Dur | 00:07:28 |
Interpreten der Einspielung
- Roman Summereder (Orgel)