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Besprechung CD

The Virtuoso Recorder II Concertos of the Italian Baroque

cpo 777 316-2

1 CD • 77min • 2011

15.08.2013

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Der Frankfurter Blockflötist und Dirigent Michael Schneider und die Cappella Academica Frankfurt legen nach dem Aufsehen erregenden Vol. 1 von The Virtuoso Recorder (mit Ersteinspielungen von Konzerten von Fasch und Stulick) nun Vol. 2 vor, der sich ausschließlich italienischen Komponisten widmet und wie schon sein Vorgänger eine Reihe von CD-Premieren enthält.

Vol. 1 trägt den Titel The Virtuoso Recorder sicher zu Recht (allein des virtuosen Fasch-Konzerts wegen), die Kompositionen von Vol. 2 hingegen bewegen sich im technisch eher moderaten Bereich (selbst Sammartinis beliebtes F-Dur-Konzert zählt keineswegs zu den technisch besonders anspruchsvollen Konzerten). Die Titelgebung mag also eher dem Folgecharakter des CD-Projekts geschuldet oder eine absichtsvolle PR-Maßnahme sein.

Trotzdem findet die erste CD mit der vorliegenden Einspielung eine würdige Nachfolgerin: Das souveräne Spiel Schneiders und seiner Cappella überzeugen wie schon zuvor, und in einiger Hinsicht handelt es sich auch diesmal um eine verdienstvolle Veröffentlichung. Allein drei Ersteinspielungen sind auf dieser CD zu hören: Johann Adolf Hasses erst 2008 wiederentdeckte B-Dur-Sonate, Giuseppe Tartinis F-Dur-Concertino (obwohl es seit vielen Jahren schon im Druck vorliegt) sowie Leonardo Vincis a-Moll-Konzert.

Ein Coup gelingt Schneider im eröffnenden Sammartini-Konzert mit einer ungewöhnlichen Einleitung mit improvisierten Kadenzen und geschmackvoller Ornamentik im langsamen Satz. Fiorenzas a-Moll-Konzert besticht vor allem durch die besondere Farbe eines hochbarocken „Flauto italiano", einer Altblockflöte in G, wie sie 1677 erstmals in Bartolomeo Bismantovas Blockflötenschule abgebildet wird. Erfreulicherweise gehört Michael Schneider zu den heute nicht mehr allzu zahlreichen Verfechtern eines echten Flauto-dolce-Klangideals, wie es dieser Musik in höchstem Maße angemessen ist.

Etikettenschwindel ist keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Nicht überall steckt drin, was draufsteht. Das war schon der Fall beim Sensationsfund eines neuen Blockflötenkonzertes von Telemann aus der Sammlung des Grafen Harrach (die Forschung konnte eine Autorschaft Telemanns inzwischen klar ausschließen und dem Wunschdenken der begeisterten Blockflötengemeinde und des Verlegers überlassen). Ebensowenig ist das hier eingespielte hübsche Sopranino-Konzert ein Werk Händels, unter dessen Namen die Partitur aus der Rostocker Universitätsbibliothek firmiert, sondern vermutlich die Komposition eines Signore Montanari. Große Namen sind längst nicht immer ein Garant für außergewöhnliche Qualität: In jener bereits erwähnten, erst vor einigen Jahren wiederentdeckten Handschriftensammlung des musikbegeisterten Grafen Harrach findet sich auch eine originale Blockflötensonate von Johann Adolf Hasse, dem berühmtesten Komponisten italienischer Opern seiner Zeit. Falls denn die Zuschreibung tatsächlich stimmen sollte, wäre dies eine kleine Sensation. Weniger sensationell ist allerdings das Stück selbst: zwar nicht von unorigineller Erfindung, aber doch über weite Strecken von recht dünner Substanz und ungeschickter Faktur. Michael Schneider macht wirklich das Beste daraus, allein die Musik mutiert selbst dadurch nicht zum Meisterwerk. Überraschend und interessant sind Schneiders fast schon biedermeierlich klingende Verzierungen im langsamen Satz des Tartini-Konzerts. Gewagt und ungewohnt, aber angesichts der überlieferten Verzierungsbeispiele des Komponisten selbst durchaus denkbar und sinnvoll. Sehr kurz und harmlos präsentiert sich Leonardo Vincis alles andere als virtuoses a-Moll-Konzert. Eigentlich ein Lückenfüller, selbst wenn es sich dabei um eine CD-Premiere handelt. Kurios erscheint mir die Aufnahme der Sonate von Giovanni Antonio Piani in das Programm, zumal es sich um die Rückübertragung einer Übertragung einer ursprünglichen Violinsonate handelt (deren anonyme Bearbeitung für Blockflöte ebenfalls dem Harrach-Manuskript stammt). In diesem Stück kann Schneider meines Erachtens nicht wirklich überzeugen. Seine (im Prinzip stilgerechten) Fingervibrati sind durchweg zu hektisch und wirken nicht sonderlich schmeichelnd (wie es Flattement, die originale französische Bezeichnung dieses beliebten Ornaments nahelegen würde).

Schneider zeichnet auch für den zwar kurz gehaltenen, aber sehr informativen Booklet-Text verantwortlich. Leider korrespondiert dies nicht mit dem offensichtlich nachlässigen Lektorat des Labels. Bei den Instrumentenangaben etwa haben sich Fehler eingeschlichen: die Angaben der Konzerte von Sammartini und Fiorenza wurden vertauscht.

Warum eigentlich muss ein so renommiertes Label wie cpo in quasi vorauseilendem Gehorsam alle Stückangaben (einschließlich des CD-Titels) nur in Englisch drucken? Nicht einmal konsequent, denn die Angaben der verwendeten Instrumente wiederum finden sich nur in Deutsch. Für Blockflötenfreunde bietet diese CD eine Menge interessanter Stücke in einer gediegenen Interpretation.

Heinz Braun † [15.08.2013]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Giuseppe Sammartini
1Konzert F-Dur für Sopranblockflöte, Streicher und B.c. 00:12:58
Nicolò Fiorenza
4Konzert a-Moll für Altblockflöte, 2 Violinen und B.c. 00:09:24
Francesco Mancini
8Konzert g-Moll für Altblockflöte, 2 Violinen, Viola und B.c. 00:11:24
Francesco Montanari
12Konzert B-Dur für Sopraninoblockflöte, 2 Violinen und B.c. 00:07:26
Johann Adolf Hasse
15Sonate B-Dur für Blockflöte und B.c. 00:09:45
Giuseppe Tartini
18Concertino F-Dur für Altblockflöte, 2 Violinen und B.c. 00:11:54
Leonardo Vinci
21Konzert a-Moll für Blockflöte, Violinen und B.c. 00:05:30
Giovanni Antonio Piani
24Sonate e-Moll für Blockflöte und B.c. 00:08:00

Interpreten der Einspielung

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