The Red Violin Concertos by Corigliano & Kuusisto
BIS 2020
1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2012
22.08.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zweimal wohlklingenden Mainstream bietet diese Veröffentlichung, wohl geeignet, konservativen Hörern die Angst vor der zeitgenössischen Musik zu nehmen – und doch auf grundverschiedenem Niveau. Der Löwenanteil dieser, nebenbei brillant aufgenommenen, SACD gehört dem finnischen Musiker Jaakko Kuusisto, der als Geiger, Dirigent und Komponist nicht nur in seinem Heimatland gleichermaßen gefragt ist. Von seinen kompositorischen Fähigkeiten finden sich hier zwei Kostproben: das Orchesterwerk Leika – bei dem Titel handelt es sich um das isländische Wort für „Spiel“ – sowie ein Violinkonzert, das Kuusisto der Geigerin Elina Vähälä in die Finger geschrieben hat. Kuusisto schreibt in einem gefälligen, farbenreichen Stil, dem es lediglich an einem mangelt: nämlich einer erkennbaren Persönlichkeit. In Leika fällt dies nicht weiter negativ auf, doch das Violinkonzert, so professionell dieses Werk auch die solistischen Möglichkeiten der Geige zu nutzen versteht, präsentiert im Wesentlichen mehrere Komponisten zum Preis von einem – viel Walton, noch mehr Barber und eine Prise John Adams. Das Ergebnis geht auf nicht unangenehme Weise ins eine Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus, ohne tiefere Spuren zu hinterlassen. Immerhin dürfte Kuusisto über mehr als genügend Talent verfügen, seine Tonsprache noch weiter zu entwickeln.
John Coriglianos Violinkonzert The Red Violin ist da schon von einem anderen Kaliber. Der Komponist destillierte es aus seiner Musik für den gleichnamigen Kinofilm. Man erwarte auch hier keine „Neue Musik“. Was Corigliano hier stattdessen geschaffen hat, ist ein Virtuosenkonzert reinsten Wassers – auf höchstem technischen Niveau und in keiner Sekunde langweilig. Corigliano kennt die technischen Möglichkeiten der Violine wie nur Wenige (sein Vater war langjähriger Konzertmeister der New Yorker Philharmoniker) und es gelingt ihm in seinem Konzert, den Solisten bis zum Äußersten zu fordern und dabei die Musik trotzdem natürlich klingen zu lassen. Dies ist echte „Geigermusik“, in der man die Tiefgründigkeit etwa der Violinkonzerte von Berg oder Schostakowitsch vergeblich suchen wird, die jedoch durch bis zum Extrem getriebene Freude am sportlichen Wettkampf zwischen Soloinstrument und Orchester entschädigt. Die stärksten Momente sind jene, in denen die Virtuosität geradezu irrwitzige Züüge annimmt, wie im „Pianissimo Scherzo“ oder im „Accelerando Finale“, das mit skurrilen Geräuscheffekten spielt.
Elina Vähälä nimmt die technischen Herausforderungen beider Werke dankbar an und vermag auch als souverän gestaltende Musikerin zu überzeugen – wenn auch Joshua Bell, der Widmungsträger von Coriglianos Konzert, bei seiner Erstaufnahme des Werks (Sony) noch mehr Biss zeigt.
Thomas Schulz [22.08.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jaakko Kuusisto | ||
1 | Leika op. 24 | 00:11:35 |
2 | Konzert op. 28 für Violine und Orchester | 00:30:38 |
John Corigliano | ||
5 | Violinkonzert (The Red Violin) | 00:33:53 |
Interpreten der Einspielung
- Elina Vähälä (Violine)
- Lahti Symphony Orchestra (Orchester)
- Jaakko Kuusisto (Dirigent)