
cpo 777 795-2
1 CD • 77min • 2012
24.03.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dieser Mitschnitt aus der Wiener Volksoper ist die erste offiziell publizierte Gesamtaufnahme von Leo Falls letzter, 1922 in Berlin uraufgeführter Operette und füllt damit eine Lücke im Katalog. Dass er sich auf die Musiknummern beschränkt, spart eine CD, macht aber den Handlungsverlauf nicht immer nachvollziehbar. Der Verzicht auf die gesprochenen Texte hat allerdings einen guten Grund. Die Wiener Aufführung soll, Rezensionen zufolge, drei Stunden gedauert haben, wobei die vom Regisseur Hinrich Horstkotte angereicherten Dialoge angeblich oft ausgeufert sind. Freilich hat die Audio-Konserve der streckenweise recht lebhaften Inszenierung den Nachteil unausgewogener Klangbalance und gelegentlicher Texttrübungen. Es wäre deshalb sinnvoll gewesen, die Bühnen-Produktion im Studio nachzustellen, wie es cpo in anderen Fällen schon praktiziert hat.
Die Aufnahme dokumentiert einen Ausflug – übrigens nicht den ersten! – der Bayreuther Elsa Annette Dasch ins Operettenfach. Fall hat den Part der Madame Pompadour der Österreicherin Fritzi Massary auf den Leib und auf die Stimme geschrieben, die in jeder Beziehung ein Gegentyp zu ihrer deutschen Rollennachfolgerin war. Wie also geht ein lyrischer Sopran, der auf dem Wege zum jugendlich-dramatischen Fach ist, mit dem leichtfüßigen, frivolen Witz von Text und Musik um? Annette Dasch gelingt eine imponierende Annäherung, auch wenn man von einer Rollenerfüllung nicht sprechen kann. Sie hat die alten Aufnahmen der Massary mit Gewinn studiert und daraus ihre eigenen, ihren stimmlichen Mitteln entsprechenden Schlüsse gezogen. Im Laufe der Vorstellung wächst sie mehr und mehr in die Partie hinein. Ihr Chanson im letzten Akt („Dem König geht’s in meinem Schachspiel meistens kläglich“) hat persönliche Farben, Berliner Mutterwitz ersetzt Wiener Schmäh.
Mirko Roschkowski singt den Liebhaber René mit schmalen Tenormitteln, aber sicherer Höhe. Das übrige Ensemble, angeführt von Beate Ritter (Belotte), Elvira Soukop (Madeleine) und Boris Pfeifer (Joseph), hat gutes Stadttheater-Niveau. Vom Wiener Urgestein Heinz Zednik in der Rolle des Königs hätte man gerne auch die Dialoge gehört, denn er versteht es, Pointen zu setzen.
Das Orchester der Wiener Volksoper braucht unter Leitung des Berliner Dirigenten Andreas Schüller eine ganze Weile, um in Fahrt zu kommen, doch rückt der eher delikate als prickelnde Musizierstil die hohen Qualitäten der Partitur ins beste Licht.
Ekkehard Pluta [24.03.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Leo Fall | ||
1 | Madame Pompadour (Operette in drei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Annette Dasch (Marquise Pompadour, die Geliebte des Königs)
- Heinz Zednik (Ludwig XV., der König)
- Mirko Roschkowski (René, Graf Dubios)
- Elvria Soukop (Madeleine, Renés Gattin)
- Beate Ritter (Belotte, Kammerfrau der Marquise)
- Boris Pfeifer (Joseph Calicot, ein Revolutionsdichter)
- Gerhard Ernst (Maurepas, Polizeiminister)
- Wolfgang Gratschmaier (Poulard, Spitzel)
- Georg Wacks (Collin, Haushofmeister der Marquise)
- Marian Olszewski (Boucher)
- Mamuka Nikolaishvili (Tourelle)
- Joachim Moser (Ein österreichischer Gesandter)
- Karin Gisser (Caroline, eine Grisette)
- Christiane Costisella (Léonie, eine Grisette)
- Heike Dörfler (Valentine, eine Grisette)
- Lidia Peski (Amélie, eine Grisette)
- Clemens Bauer (Ein Leutenant)
- Chor der Volksoper Wien (Chor)
- Orchester der Volksoper Wien (Orchester)
- Andreas Schüller (Dirigent)