Genuin GEN 14310
1 CD • 55min • 2013
26.08.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
So unwirklich, geradezu immateriell hat man die Einleitung der großen Fantasie in C-Dur D 934 Franz Schuberts selten gehört: Das Klavier beginnt förmlich leise zu summen, die Violine setzt wunderbar wie aus dem Nichts ein und versteigt sich in geradezu phantastische Höhen. Die Geigerin Nina Karmon und die Pianistin Maria Sofianska haben verstanden, wie radikal der späte Schubert oft von der Klanglichkeit ausgeht, welche sich in schier unendlicher Ausdehnung verbreitet. Der Klangsinn der deutschen Geigerin und ihrer bulgarischen Klavierpartnerin ist denn auch der eine große Vorzug dieser schönen Kopplung zweier tiefromantischer Duosonaten; allein im Mikrobereich wirkt das Vibrato der Violine in der erwähnten Einleitung zur Fantasie manchmal vielleicht etwas unruhig – wiewohl die hohen Lagen immer sehr sauber getroffen werden –, so dass sich bisweilen etwas beliebig wirkende Interferenzen zwischen der Tremolo-Begleitung des Klaviers und dem stillen Höhenrausch der Violine ergeben.
Im folgenden Allegretto-Hauptsatz ist die Phrasierung jedoch in der Violine sinnfälliger und die gemeinsame Artikulation wird dicht aufeinander abgestimmt; besonders gefallen die weiche und pastose Tiefe der Violine und die federnden Akkordblöcke im Klavier. Maria Sofianska spielt auch den Beginn des Mittelsatzes wirklich solistisch, so dass als weiterer großer Vorzug dieser Produktion hervortritt, dass die beiden Stimmen als wirklich gleichberechtigt realisiert sind. Es handelt sich hier um eine echte kammermusikalische Partnerschaft, das Klavier stellt weitaus mehr als bloße Begleitung bereit, sondern steht der Violine in puncto Modulationsreichtum in nichts nach. Weil die beiden Musikerinnen auch noch in großer Ruhe einen weiten Bogen über dieses herbstlichen Werk ausspannen, kann man hier eine neue Referenzaufnahme begrüßen.
Interessant ist dieses Album auch, weil im zweiten Teil die Interpretation der Violinsonate Es-Dur des jungen Richard Strauss gleichsam retrospektiv in das milde Licht des späten Schuberts getaucht wird. Obwohl Karmon und Sofianska den prachtvollen, zupackenden Gestus des Kopfsatzes nicht etwa abschwächen, ist das gemeinsame Musizieren doch tendenziell lyrisch, innig gehalten und vermeidet allen oberflächlichen Aplomb. Karmons Violinspiel ist beredt und gesanglich zugleich, Sofianska gelingt es, den Klaviersatz, der oft wirkt wie ein Klavierauszug einer möglicherweise geplanten Orchestrierung, pianistisch und kammermusikalisch aufzufassen. Es ergibt sich ein sehr flexibles Fließen der Musik, deren Stimmen immer geläufig ineinander greifen, und das die vielen Situationen einerseits dramatisch genug auskostet, andererseits immer in eine einheitliche Bewegung integriert. Diese Produktion ist nicht zuletzt wegen der ausgewogenen und natürlichen Akustik als Ganzes sehr hörenswert.
Prof. Michael B. Weiß [26.08.2014]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Fantasie C-Dur D 934 für Violine und Klavier (op. posth. 159) | 00:28:12 |
Richard Strauss | ||
4 | Sonate Es-Dur op. 18 für Violine und Klavier | 00:26:28 |
Interpreten der Einspielung
- Nina Karmon (Violine)
- Maria Sofianska (Klavier)