BIS 2077
1 CD/SACD stereo/surround • 70min • 2013
04.11.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der Schweizer Cellist Christian Poltéra bewegt sich gern abseits der ausgetretenen Repertoirepfade und besitzt zudem ein feines Gespür für kluge Programmzusammenstellungen. So auch auf der vorliegenden SACD: Sowohl Paul Hindemith als auch William Walton schrieben ihre hier präsentierten Cellokonzerte für den russischen Cellisten Gregor Piatigorsky, der sie auch aus der Taufe hob. Zudem waren die beiden Komponisten befreundet, und in seinen Variations on a theme by Hindemith verarbeitete Walton das erste Thema des langsamen Satzes von Hindemiths Cellokonzert. Ergänzt werden die beiden Konzerte durch jeweils ein Solowerk: Waltons späte Passacaglia und Hindemiths Sonate op. 25 Nr. 3.
Doch nicht nur die Dramaturgie dieser Einspielung überzeugt voll und ganz: Poltéra gelingt es, jedes der Werke in seinem spezifischen Charakter zu erfassen. Dabei verhilft er besonders den lyrischen und spielerischen Passagen der Partituren zu ihrem Recht: koboldhafter, quecksilbriger hat etwa der zweite Satz des Walton-Konzerts kaum je geklungen, wobei Poltéra es nicht nötig hat, seine stupende Virtuosität in den Vordergrund zu stellen. Die demonstrative, auftrumpfende große Geste liegt ihm nicht. Vielmehr eignet seinem Spiel ein kammermusikalischer Grundton, der ihn quasi als „primus inter pares“ agieren lässt – mit schlankem, federnden Ton sowie, wenn es angebracht ist, mit sportiver Energie.
Das kommt vor allem dem Hindemith-Konzert zugute. Unter weniger kompetenten Händen kann Hindemiths Musik – auch in diesem Konzert – leicht klobig und unsensibel klingen. Nicht so in Poltéras Interpretation, die den zweiten Satz auf souveräne Weise ruhig atmend vorüberziehen lässt und gleichzeitig die Kontraste vorbildlich ins Gesamtbild einarbeitet. Und der abschließende Marsch kommt nicht militärisch auftrumpfend daher, sondern fast beiläufig, mit augenzwinkernder Reverenz an Hindemiths durchaus vorhandenen Humor.
Das treffliche Sinfonieorchester von São Paulo agiert unter dem britischen Dirigenten Frank Shipway äußerst flexibel und feinsinnig als gleichberechtigter Partner des Solisten. Und dass die Tontechnik ganze Arbeit geleistet hat und den Orchesterklang in aller gebotenen Transparenz und Tiefenschärfe abbildet, trägt zusätzlich zum Erfolg dieser Veröffentlichung bei, der indes auch ein tragischer Unterton innewohnt, denn für zwei der Beteiligten stellt diese Produktion ein „In Memoriam“ dar: Sowohl Frank Shipway als auch der bedeutende britische Musikschriftsteller Malcolm MacDonald – er steuerte den instruktiven Booklettext bei – starben in diesem Jahr.
Thomas Schulz [04.11.2014]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
William Walton | ||
1 | Violoncellokonzert op. 68 | 00:27:52 |
4 | Passacaglia für Violoncello solo | 00:06:12 |
Paul Hindemith | ||
5 | Konzert für Violoncello und Orchester | 00:23:51 |
8 | Sonate G-Dur op. 25 Nr. 3 | 00:10:40 |
Interpreten der Einspielung
- Christian Poltéra (Violoncello)
- Sao Paulo Symphony Orchestra (Orchester)
- Frank Shipway (Dirigent)