Wilhelm Stenhammar
String Quartets Volume 3
BIS 2019
1 CD/SACD stereo/surround • 62min • 2013
30.12.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein weiter Weg war es für Wilhelm Stenhammar zu wirklicher Eigenständigkeit und unbestreitbarer Größe, wie sie in seinen reifen Streichquartetten ab dem dritten nicht bezweifelt werden kann, mit welchen er sich unter die bedeutendsten Meister der Gattung im 20. Jahrhundert einreiht. Das erste Quartett in C-Dur op. 2 entstand 1894, das zweite in c-Moll op. 14 1896. In diesen zwei Jahren durchlief er eine immense Entwicklung hin zu einem unverkennbaren Ton, der freilich noch weit mehr Abhängigkeit von den klassischen Vorbildern aufweist als die späteren Werke. Andererseits ist schon im ersten Quartett eine technische und großformale Fertigkeit zu bestaunen, mit der sich nicht viele seiner Zeitgenossen im Alter von gerade mal 23 Jahren messen konnten. Hauptvorbild ist offenkundig Beethoven, und bei allzu großer Nähe in Stil und Ausdruck kann es nicht ausbleiben, dass der direkte Vergleich nicht schmeichelhaft ausfällt – dazu ist das meiste dann doch zu vorhersehbar, die Originalität der Gedanken mit der Kühnheit und Freiheit der Gestaltung des großen Vorbilds nicht zu messen. Dessen eingedenk kann man diese Musik angesichts ihrer vorzüglichen Detailarbeit und geschickten dramaturgischen Disposition freilich bewundern und genießen, auch wenn der Schluss des Finales des ersten Quartetts mit seinen Tempowechseln und der sicherlich sehr wirkungsvollen zyklisch zurückweisenden Episode gewiss nicht als organisch geglückt zu bezeichnen ist. Sehr schön in der von den Vortragenden ausdrücklich erbetenen Innigkeit („mit der innigsten Empfindung vorzutragen“) ist der große langsame Satz im Mesto-Charakter, und das verhaltene Scherzo zeigt auch eine Liebe zu Mendelssohn und möglicherweise Gade an.
Das zweite Quartett ist viel markiger und kerniger in der grundsätzlichen Haltung und zeigt Stenhammar als einen Komponisten mit höchstem Anspruch, unerbittlichem Ernst, großer dramatischer Geste, der begonnen hat, sich innerlich von seinen Vorbildern zu lösen, dem aber auch die kontrapunktische Gelehrtheit insofern ein wenig im Wege steht, als sie das spontane Empfinden übertönen und ersetzen kann und dann dazu tendiert, demonstrativ zu wirken. Die Ecksätze fesseln in ihrem Aufbau, das Scherzo bezaubert, das Andante quasi adagio ist am gehaltvollsten. Dieses Quartett verdient, bekannter zu sein, aber dies erst im Gefolge der späteren Quartette, die jeder an der Quartettliteratur ernsthaft Interessierte kennen sollte.
Das Stenhammar Quartet spielt wie schon auf den beiden vorangehenden CDs mit der Musik seines Namensgebers technisch vollendet, synchron im Ausdruck und mit feiner Klangkultur, wobei hier die Vorgaben der Partitur im zweiten Quartett (die Partitur des ersten stand mir nicht zur Verfügung) exakter umgesetzt sind als in den zuvor veröffentlichten Einspielungen. Von der Ausführung her die Krönung des hiermit komplettierten Zyklus, der als Ganzes empfohlen werden, aber auch in vieler Hinsicht noch übertroffen werden kann – vielleicht auch zu einem späteren Zeitpunkt von den gleichen Musikern noch einmal. Exzellent ist sowohl der ausgezeichnet informierende Booklettext der Stenhammar-Forscherin Signe Rotter-Broman als auch der so glasklare wie natürliche Aufnahmeklang in der Petruskirche im schwedischen Stocksund.
Christoph Schlüren [30.12.2014]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wilhelm Stenhammar | ||
1 | Streichquartett Nr. 1 C-Dur op. 2 | 00:32:33 |
5 | Streichquartett Nr. 2 c-Moll op. 14 | 00:28:40 |
Interpreten der Einspielung
- Stenhammar Quartet (Streichquartett)