Copland
BIS 2164
1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2014
20.12.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein bisschen verwunderlich ist es in der Rückschau, dass Coplands Musik als Höhepunkt amerikanischer Kompositionskunst gilt. Sein Ton war damals in der sportlichen Geradlinigkeit und unter Umformulierung einiger Aspekte der Tonalität unromantisch kecker Einfachheit etwas Neues, nie Dagewesenes, das den Geist der Prärie und überhaupt des Landlebens, aber auch das Flair der amerikanischen Geschichte in immer wieder frischer, schlagkräftiger Weise einfängt. Diese Musik hat eine Anmutung, die so wirkt, als erklänge sie unter freiem Himmel. Das war schon bei Ives ein gelegentliches Charakteristikum, und auch für den großen Neuseeländer Douglas Lilburn, der in einer Phase in den 1950er Jahren großes Interesse für den Tonfall Coplands zeigte, ist das ein kontinuierliches Merkmal. In anderen Worten: der Geschmack von Freiheit – einer Freiheit, die im heutigen Orwell’schen Amerika zur Maskerade geworden ist und auf der Vernichtung der indigenen Bevölkerung basiert.
Man kann diesen Geist des Aufbruchs, der Expansion, des kompakt formulierten Optimismus, der gegenständlichen Unterhaltsamkeit und einer archaisch inspirierten Freude an fesselnden Rhythmen und einprägsamer Melodik natürlich nach wie vor genießen, sich davon anstecken lassen. Viel mehr sagt diese Musik nicht aus, und insofern ist sie in ihrer freiwilligen Primitivität vielleicht am ehesten mit Carl Orff zu vergleichen.
Andrew Litton und die in Denver ansässige Colorado Symphony sind in dieser Musik natürlich zuhause, und mit imponierendem Selbstbewusstsein bieten sie ein perfektes Heimspiel. Zum makellosen Eindruck trägt die exzellente Tontechnik wesentlich bei, und auch der mehr als tadellos informierende, mit vielen Copland-Zitaten geschmückte Booklettext. Für mich bleibt dabei doch stets ein Gefühl der Leere zurück. Am meisten echten Charme hat El Salón Mexico, die einleitende Outdoor Overture von 1938 ist eher eine aufgeblasene Belanglosigkeit, allerdings in beeindruckend professioneller Weise fürs Orchester gesetzt. Hauptwerke sind die beiden Ballette Billy the Kid und Rodeo, welches mit einem der größten Hits Coplands endet, dem Hoedown. Wer Western-Nostalgie und das Gefühl, dass in jedem ein Cowboy steckt, liebt, ist hier glänzend bedient, auch wenn Appalachian Spring ein viel feineres Werk von höherer Inspiration ist. Es gab um Coplands Generation amerikanische Komponisten von ungleich universellerer Substanz (ich möchte nur auf Peter Mennin, Vittorio Giannini oder Nicolas Flagello verweisen, aber auch auf Walter Piston, Samuel Barber oder den von Copland so begeisterten Leonard Bernstein), doch eines kann man Copland nicht absprechen: einen unverwechselbar eigenen Ton in jedem dieser Stücke.
Die Aufführung, so perfekt sie einstudiert ist, vermittelt keine besondere Note. Es fehlt mir dann doch, bei aller Schlagfertigkeit und Professionalität, an Verfeinerung und leichtfüßig pulsierendem Groove. Andere freilich werden sagen, dass es hier an nichts fehlt.
Christoph Schlüren [20.12.2015]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Aaron Copland | ||
1 | An Outdoor Overture | 00:08:17 |
2 | Billy the Kid (Ballett in einem Akt) | 00:32:23 |
13 | El Salón Mexico | 00:11:19 |
14 | Rodeo (Ballett in einem Akt) | 00:24:10 |
Interpreten der Einspielung
- Colorado Symphony Orchestra (Orchester)
- Andrew Litton (Dirigent)