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Besprechung CD

Olli Virtaperko

Romer's Gap

Ondine ODE 1305-2

1 CD • 72min • 2016, 2017

14.11.2017

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Romer's Gap – nach einer Informationslücke der Erdgeschichte – nennt Olli Virtaperko sein Konzert für elektrisch verstärktes Violoncello, das der vorliegenden CD den Titel gab. Die drei darauf versammelten Konzerte aus den Jahren 2013 bis 2016 lassen stilistisch und von der Besetzung her vermuten, dass der 1973 geborene Finne, der auch als Barockcellist aktiv ist und in den 90er Jahren einer der bekanntesten Rockmusiker seines Landes war, im Füllen von Lücken einen besonderen Reiz erblickt.

Der Beginn des Cellokonzerts verschafft bereits einen guten Einblick in Virtaperkos Stil: Es fasziniert ihn hörbar, Töne unmerklich ineinander übergehen zu lassen, was sich nicht nur in der glissandodurchzogenen Melodik des Soloinstruments niederschlägt, sondern auch im Auf- und Abbau der orchestralen Zusammenklänge. Auskomponierte Arpeggien ziehen durch die verschiedenen Instrumentengruppen und münden in lange Liegetöne. Schillernde Klangfelder entstehen, die allmählich Harmonie und Farbe wechseln. Die Konturen der Musik werden dadurch weich, geschmeidig und wandelbar wie Wolken aus Klang. Virtaperko denkt offensichtlich von der Klangfarbe her und bringt durch reichen Gebrauch verschiedener Spieltechniken sein Orchester auf vielgestaltige Weise zum Leuchten. Die Elektronik nutzt er dazu, dem Soloinstrument weitere Farbnuancen zu gewinnen, die sich durchaus harmonisch in das Gesamtbild einfügen. Das Werk ist athematisch, und doch gibt es Entwicklungsverläufe und Reprisen in dieser Musik. Die drei Sätze sind klar strukturiert und unschwer zu verfolgen. In Anlehnung an die klassische Solokonzertpraxis darf der Solist im Kopfsatz sogar die Kadenz improvisieren, was Perttu Kivilaakso, bekannt als Mitglied der Cello-Rockgruppe Apocalyptica, dazu nutzt, die durch den Verstärker ermöglichten Echowirkungen lautstark zu demonstrieren.

Wie der Titel andeutet, stehen in Multikolor für Baritonsaxophon und Kammerorchester die klangfarblichen Möglichkeiten des Soloinstruments im Mittelpunkt des Geschehens, die der Komponist mit dem Solisten der Aufnahme, Joonatan Rautiola, in gemeinsam unternommenen „Laborversuchen“ erkundet hat. Das Ergebnis interessiert vor allem durch die zahlreichen Effekte, die aus dem Saxophon mittels Glissando, Triller, Vibrato, Schlagzunge und Erzeugung von Vierteltönen und Akkorden herausgeholt werden. In seiner knappen Einführung im Beiheft bezeichnet Virtaperko das einsätzige Stück als absolute Musik, die nur dem Diktat ihres Materials folge. Könnte ich das nur hören! Die wiederholten Wechsel langsamer rezitativischer Abschnitte mit raschen Figurationen finden sich zu keiner rechten Entwicklung zusammen. Die Stringenz und Knappheit der Formulierung, die in Romer's Gap zu spüren ist, stellt sich hier leider nicht ein.

Das dritte Konzert heißt – offenbar nach Virtaperkos Ensemble Ambrosius, das Rock und Jazz auf Barockinstrumenten spielt – Ambrosian Delights. Einem Kammerorchester, das ein Cembalo ebenso umfasst wie Schlaginstrumente aus dem populären Bereich, steht hier das Knifonium gegenüber, ein analoger Röhrensynthesizer, benannt nach seinem Erfinder Jonte Knif, der ihn hier auch spielt. Für diese Kombination hat sich Virtaperko ein geistreiches Divertimento einfallen lassen, das über weite Strecken unterhält und fesselt. Im zweiten Satz gelingt dem Komponisten eine Stimmung bezaubernder Entrückheit, wenn er zu den Glissandi des Knifoniums plötzlich das Cembalo über modale Tonleitern präludieren lässt. Dem schließt sich eine beschwingte, auch melodisch eingängige Passacaglia über einen synkopischen Schlagzeugrhythmus an. Leider hält der abschließende vierte Satz nicht die Höhe der vorangegangenen. Sechseinhalb Minuten lang folgt Einleitung auf Einleitung. Danach beginnt ein veritables Jazzkonzert. Dies ist keine Anspielung oder Assimilation mehr, sondern ein Stilbruch, der dem Werk nicht zum Vorteil gereicht und auch durch die gelungene Rückführung in das vorangegangene Idiom nicht restlos gekittet werden kann. Das Finale trägt den Titel „More is More“. Vielleicht wäre Weniger hier Mehr gewesen.

Auch wenn letztlich nicht alle drei Werke gleichermaßen überzeugen – am meisten das Cellokonzert –, bietet die CD viel schätzenswerte Musik, die das Hören lohnt. Die Werke finden nicht nur in den Solisten beherzte Fürsprecher. Die Jyväskylä Sinfonia wurde von ihrem Chefdirigenten Ville Matvejeff auf ihre Aufgabe hörbar gut vorbereitet und ist den Soli ein verlässlicher Partner und Begleiter. Der Klang der Aufnahme darf vorzüglich genannt werden. Man wähnt sich direkt vor dem Orchester und hört die einzelnen Instrumentengruppen klar und deutlich. Die Soli heben sich aus dem Klangbild angemessen hervor.

Norbert Florian Schuck [14.11.2017]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Olli Virtaperko
1Romer's Gap 00:28:28
4Multikolor 00:16:22
5Ambrosian Delights 00:27:11

Interpreten der Einspielung

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