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Besprechung CD

Lilith & Lulu

Duo Mader/Papandreopoulos

7 Mountain Records 7MNTN-015

1 CD • 53min • 2018

17.05.2019

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Die Figur der Lilith wurde von der christlichen Lehre geflissentlich ignoriert: Es ist die Dritte im Bunde neben Adam und Eva – und eigentlich die empanzipierteste Figur! Sie ist eben nicht aus einer Rippe des Mannes erschaffen, sondern ein eigenes Geschöpf, auch wenn sie dafür zur Schlange mutieren muss, um Adam und Eva vom Weg der Tugend abzubringen. In der Neuzeit bekam diese Symbolfigur für alles Verführerische ein Pendant: Lulu aus Franz Wedekinds Roman wurde zur Femme Fatal und Alban Berg hat aus deren aufführerischer Psychologie eine der großartigsten Opernpartituren des 20. Jahrhunderts geschaffen.

Aus einem solchen Geist heraus streben der Saxofonist Andreas Mader und der Pianist Christos Papandreopoulos nach viel mehr, als einfach „nur“ auf kammermusikalischem Wege das Potenzial ihrer Instrumente auszureizen. Denn durch die Fokussierung auf diese beiden kontroversen Frauenfiguren, folgt alles musikalische Tun einer Leitidee, um die hohe Kunst des reibungsvollen Diskurses zu pflegen. Vier Komponisten der aktuellen wie auch klassischen Moderne stammen zwar aus verschiedenen Generationen, sind aber wegen der kompromisslosen Direktheit ihres Tonfalles allesamt im Zenit der musikalischen Aktualität. William Bolcoms hochexpressive Skizzen über Lilith als weiblichem Dämon, als Kindesräuberin, als Tänzerin in der Nacht, zieht gleich zu Anfang hinein in die Atmosphäre eines beklemmenden Kammerspiels. Andreas Mader entfaltet auf seinem Saxofon eine in jedem Moment unberechenbare Klanrede voller berstener Sforzato-Eruptionen, voll tonaler Gratwanderungen und oft bis an die Grenze des Spielbaren reichend. Extrem reaktionsschnell sind die Klavierimpulse von Christos Papandreopoulos. Oder es passiert das Gegenteil: Kühl-abgeklärte, fast impressionistische Tonfolgen suggerieren klaustrophobischen Erstarrung. Sam David Wampers Portrait of Lilith operieren ausgiebig mit Klangballungen und Tonrepetitionen, um den psychologischen Kosmos aus Unruhe und verführerischer Sinnlichkeit weiter zu verdichten. Es scheint folgerichtig, dass einer der Pioniere auf dem Terrain einer reduktionistischen, hochkonzentrierten Diktion ins Spiel kommen muss: Albans Berg. Seinen skizzenartigen Vier Stücken folgt schließlich zum Finale das Lied der Lulu nebst Variationen aus der gleichnamigen großen Oper. Andreas Mader und Christos Papandreopoulos haben bis dahin genügend Bilder im Kopf entstehen lassen und diese auf ihren Instrumenten sehr wirkungsmächtig an ihre Hörerschaft weitergegeben - ganz abgesehen von der schier unglaublich differenzierten klanglichen und tonalen Brandbreite, die vor allem Saxofonist Andreas Mader aus seinem Instrument heraus holt!

Stefan Pieper [17.05.2019]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
William Bolcom
1Lilith für Altsaxophon und Klavier 00:14:20
Nadir Vassena
6Nocturne I für Altsaxophon und Klavier 00:06:39
7Nocturne II für Altsaxophon und Klavier 00:05:49
Sam David Wamper
8Portrait of Lilith 00:19:55
Alban Berg
11Vier Stücke op. 5 für Klarinette und Klavier
15Lulu-Suite (Sinfonische Stücke aus der Oper Lulu) 00:06:00

Interpreten der Einspielung

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