Felix Mendelssohn Bartholdy
String Symphonies Vol. 3
cpo 555 202-2
1 CD • 69min • 2017
03.06.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gewiss, Felix Mendelssohn Bartholdy hat in den acht Sätzen seiner Sinfonias VIII und IX für Streicher viermal ein Allegro und viermal ein Presto vorgeschrieben, wobei das Presto noch zweimal durch ein piu verstärkt wird. Aber hat er wirklich diesen – mit Goethe gesprochen – veloziferischen Furor, diese höllische Rasanz gemeint, mit der Michi Gaigg und das L’Orfeo Barockorchester durch diese beiden Streichersinfonien rasen? Und dabei auch ein moderato vernachlässigen, das im Kopfsatz der Sinfonia IX das Allegro etwas mindert?
Umso bewundernswerter ist, wie die Musiker in dieser Geschwindigkeit alles, wirklich alles, genau herausarbeiten, jede Motivwendung und –veränderung, jede Einzelnote in den aufschießenden Violinfontänen und jede Sechzehnteldrehfigur. Das hat etwas selbstbewusst Behauptendes, pompös Auftretendes, das haut kräftig auf die hier nicht verwendete Pauke, das bläst den „prickelnden Husch“, wie Heinrich Eduard Jacob in seinem Buch „Felix Mendelssohn und seine Zeit“ Mendelssohns Capriccio-Fertigkeit benennt, zum knatternden Windstoß auf. Aber es reißt einen beim Zuhören auch mit in einen stürmischen Wirbel von Tempo-Kontrasten, Fugati und komplexen Themenverschränkungen, wie sie im Finalsatz der Sinfonia VIII Mozarts Jupitersymphonie schier noch übertrumpfen wollen.
Man hört hier genau, wie Mendelssohn Haydns Grave-Einleitungen zu seinen Sinfonien studiert hat, die dramatischen Pausen gewinnen in diesen Tempo-Extremen noch an dramatischer Wucht.
Michi Gaigg lässt ihre Streicher völlig ohne Vibrato spielen und produziert damit einen kompakten und – in den langsamen Sätzen – opaken Klang, zauberhaft ist der dunkle Ton des Adagios in der Sinfonia VIII und die aufgefächerte Helligkeit des Adagios der Sinfonia IX, recht heiter die Verwendung eines Schweizer Liedes im Scherzo derselben Sinfonia. Michi Gaigg hat übernommen, was Felix Mendelssohn bei den berühmten Sonntagskonzerten in seinem Elternhaus gemacht hat: Sie lässt ein Fortepiano mitspielen, das den Bass verstärkt und auch ein wenig die fehlenden Holzbläser mimen soll – was Erich Traxler hier zu wenig tut.
Eine angenehme Hörabwechslung ist die eingeschobene Szene für Alt und Streicher Che vuoi, mio cor?, eine veritable Konzertarie, die Margot Oitzinger mit großer Wortdramatik und Plastizität und mit angenehm natürlichem Timbre singt.
Rainer W. Janka [03.06.2019]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Streichersinfonie Nr. 8 D-Dur | 00:29:26 |
5 | Che vuoi, mio cor? ... Io lo so ... Mai, se di lei t'accendi (Szene für Alt und Streicher) | 00:08:13 |
6 | Streichersinfonie Nr. 9 C-Dur | 00:31:00 |
Interpreten der Einspielung
- Margot Oitzinger (Alt)
- L' Orfeo Barockorchester (Orchester)
- Michi Gaigg (Dirigentin)