Hans Gál
First Complete Recordings for Flauto and Piano
Remembering Vienna
TYXart TXA19140
1 CD • 71min • 2018
28.05.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wer war Hans Gál (1890-1987)? Ein vielseitig begabter, preisgekrönter und in den 1920er Jahren häufig aufgeführter Komponist, Co-Editor der Brahms-Gesamtausgabe, Konservatoriumsdirektor in Mainz, der sich und seine Familie vor der Verfolgung aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 in Edinburgh in Sicherheit bringen konnte und später an der dortigen Universität lehrte. Zu Beginn der 60er Jahre kam er mit dem Blockflötisten und Blockflötenbauer Carl Dolmetsch in Kontakt, der von 1939 bis 1989 alljährlich ein Konzert in der Londoner Wigmore Hall zu veranstalten pflegte und in jedem dieser Konzerte eine von ihm beauftragte Komposition uraufführte. Diesem Zusammenwirken verdanken wir neben dem hier eingespielten Concertino op. 82 und den Drei Intermezzi op. 103 auch noch eine Trio-Serenade und ein Quartettino. In seiner lesenswerten Dissertation „Carl Dolmetsch and the 20th Century Recorder Repertoire” weist Andrew Mayes darauf hin, dass Gál stilistisch in Bach und den Wiener Klassikern wurzelt, wenngleich sich unbestreitbar auch Einflüsse von Brahms und Richard Strauss feststellen lassen.
Humorvolle Tonalität und Klangsinn
Das Concertino wurde ursprünglich in der Tradition der Klarinettenquintette von Mozart und Brahms für Blockflöte und Streichquartett komponiert, macht sich aber auch als Sonate mit Klavierbegleitung sehr gut, da hierdurch die Bach-Elemente in der Stimmführung deutlicher werden. Wie in allen eingespielten Werken nicken auch gelegentlich Debussy und ein nicht allzu sarkastischer Prokofieff freundlich herüber. Alle diese Werke sind darauf angelegt, den Zuhörern Freude zu bereiten. Deshalb wird der Boden einer erweiterten Tonalität nirgends verlassen. Als melodisch äußerst reizvoll erweisen sich die Drei Intermezzi. Hier zeigt Gál, dass sich – so man sein Metier beherrscht – auch jenseits von Geräuschen und Serialität noch ansprechende Musik schreiben lässt, ohne in Trivialität abgleiten zu müssen.
Dass der Komponist auf den Geschmack gekommen war, zeigen zwei Werke des 93-Jährigen für Blockflöte solo, die Vier Bagatellen op. 110a (mit der herrlich dümmlich-tölpelhaften Buffoneria) und die Sonatine op.110b.
Repertoire-Entdeckungen
Wie schön, dass Sabrina Frey und Bernhard Parz sich eines bisher sträflich vernachlässigten – weil eben nicht-avantgardistischen – Repertoires des 20. Jahrhunderts annehmen. Frey spielt die Kompositionen sehr kultiviert, klangschön und mit perfekter Atem- und Fingertechnik, was nicht bei allen heutigen „Blockflöten-Stars“ vorausgesetzt werden kann. Man mag einwenden, dass manche Gags süffiger serviert werden könnten, aber dies sollte eher dem Konzert vorbehalten bleiben, da es nachfolgende Interpreten zur Imitation verleiten könnte. Parz sorgt mit schlankem, prägnantem Anschlag für die nötige Transparenz und steuert eine elegante Interpretation der entzückenden Drei Kleinen Klavierstücke op. 64 bei.
Klanglich gibt es nichts zu beanstanden. Das Booklet glänzt mit praller Informationsfülle zu Komponist und Werk.
Fazit: Pflichtkauf für Blockflötisten, da man diese Werke kennen und womöglich selbst spielen sollte. Aber auch allen, die Spaß an etwas Ausgefallenem haben, durchaus empfohlen.
Thomas Baack [28.05.2020]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hans Gál | ||
1 | Concertino op. 82 für Altblockflöte und Klavier | 00:19:20 |
5 | Sonatina op. 110B für Altblockflöte | 00:11:16 |
8 | Humoreske op. 64 Nr. 1 (Drei kleine Klavierstücke) | 00:02:12 |
9 | Melody op. 64 Nr. 2 (Drei kleine Klavierstücke) | 00:03:10 |
10 | Scherzino op. 64 Nr. 3 (Drei kleine Klavierstücke) | 00:04:05 |
11 | I. Intrata aus Vier Bagatellen op. 110A | 00:02:28 |
12 | II. Buffoneria aus Vier Bagatellen op. 110A | 00:02:52 |
13 | III. Cantabile aus Vier Bagatellen op. 110A | 00:02:39 |
14 | IV. Alla Danza aus Vier Bagatellen op. 110A | 00:03:16 |
15 | Drei Intermezzi op. 103 für Altblockflöte und Klavier | 00:14:26 |
18 | Moment Musical für Altblockflöte | 00:05:03 |
Interpreten der Einspielung
- Sabrina Frey (Blockflöte)
- Bernhard Parz (Klavier)