Felix Mendelssohn Bartholdy
Mendelssohn Project | Vol 2
MDG 912 2211-6
1 CD/SACD • 54min • 2020
22.08.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass sein offizielles Opus 1, das Klavierquartett c-Moll, auch die erste bedeutsame Komposition von Felix Mendelssohn Bartholdy war. Im zarten Alter von zwölf bis vierzehn Jahren schrieb das musikalische Wunderkind nicht weniger als zwölf Streichersinfonien, die aber erst 1950 posthum veröffentlicht wurden, nachdem man sie in der Staatsbibliothek zu Berlin entdeckt hatte. Bei diesen handelt es sich um recht kurze, dreisätzige Sinfonien für Streicher, die als Studien zum Erlernen orchestraler Techniken bei Mendelssohns Lehrer Carl Friedrich Zelter entstanden. Der junge Komponist spielt hier mit Techniken aus Barock und Klassik, was sich natürlich auch klanglich niederschlägt. Zugleich lässt sich an den zwölf Streichersinfonien auch die Entwicklung eines bereits in jungen Jahren herausragenden Komponisten nachvollziehen. Das 2004 gegründete und seitdem mehrfach preisgekrönte dogma chamber orchestra unter der Leitung des Geigers Mikhail Gurewitsch hat es sich mit seinem „Mendelssohn Project“ zur Aufgabe gemacht, die Frühwerke Mendelssohns einzuspielen und ihnen die Bedeutung zu geben, die diese verdienen. Dabei hält sich das Orchester, das an sich bekannt ist für innovative Konzertgestaltung, in diesem Fall bewusst an die chronologische Reihenfolge. So erklingen auf der zweiten Aufnahme des auf fünf CDs angelegten Projekts die Streichersinfonien Nr. 4 bis Nr. 6 sowie das erste, wenig bekannte Violinkonzert, dessen Solopart Viviane Hagner übernimmt. Es entstand 1822, als Mendelssohn gerade einmal dreizehn Jahre alt war. Er widmete das Werk seinem kaum älteren Geigenlehrer Eduard Rietz, den er sehr bewunderte und der das Werk in französischer Manier vermutlich auch uraufführte.
Musikalische Perlen eines jungen Genies
Das dogma chamber orchestra unter der Leitung von Mikhail Gurewitsch stellt sich bei dieser Aufnahme als Idealbesetzung heraus, um einen Fokus auf das (teils immer noch verkannte) Frühschaffen des Komponisten zu werfen. Das junge Orchester hat es sich zum Ziel gesetzt, Interpretationen zu präsentieren, die keineswegs glattgebügelt wirken. Vielmehr ist es ganz explizit gewollt, dass sich jeder einzelne Musiker auch als Solist und Persönlichkeit in die Gesamt-Interpretation einbringt. Diese Intention hört man der Aufnahme vom ersten Satz der Streichersinfonie Nr. 4 an: Der Klang ist kernig und doch an den richtigen Stellen immer wieder auch filigran und transparent. Dadurch kommt in die schnellen Sätze, die technisch mühelos umgesetzt werden, ein schöner Fluss hinein. Doch auch an Gefühl für lyrische Klänge fehlt es nicht, wie sich in den langsamen Mittelsätzen durchgehend zeigt. Besonders abwechslungsreich und dicht gelingt hier das Menuetto der sechsten Streichersinfonie. Ebenfalls weniger bekannt ist die Tatsache, dass Mendelssohn bereits in ganz jungen Jahren schon Instrumentalkonzerte schrieb. So gibt es neben dem (einen) berühmten Violinkonzert e-Moll noch ein weiteres, kaum bekanntes, das auf dieser Aufnahme ebenso enthalten ist. Solistin ist auch hier Viviane Hagner, die das Werk mit viel Elan und zupackend (wie auch das Orchester) umsetzt. Sorgt Hagners Spiel in den ersten beiden Sätzen schon für Begeisterung, so bildet das Finale einen spritzigen, gut gelaunten Abschluss, der neben Virtuosität auch viel Witz bereithält. Ein kleiner Geniestreich, der wohl kaum besser umgesetzt werden könnte!
Verena Düren [22.08.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Streichersinfonie Nr. 4 c-Moll | 00:09:15 |
4 | Streichersinfonie Nr. 5 B-Dur | 00:10:59 |
7 | Streichersinfonie Nr. 6 Es-Dur | 00:11:43 |
10 | Konzert d-Moll für Violine und Streichorchester | 00:21:59 |
Interpreten der Einspielung
- Viviane Hagner (Violine)
- dogma chamber orchestra (Orchester)
- Mikhail Gurewitsch (Dirigent)