Hans Sommer
Lied Edition • 2

Naxos 8.574142
1 CD • 52min • 2019
10.02.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auch die zweite Folge seiner Lied-Edition weist den Braunschweiger Komponisten Hans Sommer (1837-1922), der Professor und schließlich Direktor des dortigen Polytechnikums war und erst im Vorruhestand zum regelmäßigen Komponieren kam, als einen äußerst versierten Kunsthandwerker aus, der für jedes Genre den richtigen Tonfall gleichsam „parat“ hatte. Auch wenn er zeitweise Schüler des alten Franz Liszt war, ist er jedoch keineswegs der Neudeutschen Schule zuzurechnen. Auch seine Bewunderung für das Werk Richard Wagners findet in seinen Kompositionen, die sich durchweg in nachromantischer Tradition bewegen, keinen unmittelbaren Niederschlag. Am ehesten kann man ihn mit seinem wesentlich jüngeren Freund Richard Strauss vergleichen, der wie er auch zu den Gründungsvätern der heutigen GEMA gehörte.
Mit leichter Hand
Mein Eindruck von der vor zwei Jahren erschienenen ersten Folge dieser Naxos-Edition wird durch diese Fortsetzung mit Kompositionen aus den Jahren 1886 bis 1896 (20 davon hier erstmalig eingespielt) bestätigt und vertieft. Sommer scheint das Verfertigen von Liedern leicht von der Hand gegangen zu sein, er kannte seine Grenzen und übernimmt sich nirgends. Allerdings stellen die vertonten Gedichte von damals viel gelesenen Autoren wie Viktor von Scheffel, Felix Dahn oder Wilhelm Hosäus keine wirklichen Herausforderungen dar. Und selbst der große Romantiker Joseph von Eichendorff hat, wie man in der Auswahl seiner Gedichte in op. 9 erkennen kann, gewisse „Strickmuster“ verwendet, die einer musikalischen Aneignung sehr entgegen kommen. Emanuel Geibel strickt in Der arme Taugenichts (op. 27) an diesem Muster weiter.
Schmackhafte Kost
Ganz in seinem Element ist Sommer in dem tänzerisch beschwingten Zyklus Aus dem Süden (op. 10), auch den humoristischen Unterton in Gottfried Kellers Das Köhlerweib ist trunken (op. 16/7) trifft er gut. Melancholische Abschiedsstimmungen, die aber nirgends das Tragische streifen, vermittelt er im Zyklus op. 17. Am ambitioniertesten erscheinen mir zwei Titel aus op. 14, Ganz leise und Sonnenuntergang, hier sind auch am ehesten Einflüsse von Wagner auszumachen. Überrascht wird man von Sommers musikalischen Einfällen nicht, aber man wird von der Gefälligkeit der Melodien und der manchmal auch klangmalerischen Klavierbegleitung gut unterhalten.
Der Gefahr einer gewissen Gleichförmigkeit entgehen die Ausführenden – wie schon in der vorausgegangenen Folge der Bassbariton Jochen Kupfer und der Pianist Marcelo Amaral – durch einen lebhaften und imaginativen Vortrag. Kupfers lyrischer Bariton verfügt über tenoralen Glanz ebenso wie über profunde Tiefe (etwa in track 10, Nachts), die Texte sind plastisch gestaltet und ein eloquenter Nachdruck, ein leichter Überschwang, wie man ihn von Hermann Prey kennt, macht dem Hörer diese durchweg nur mittelschwere Kost recht schmackhaft. Amaral versucht ebenfalls, Routine zu vermeiden und kostet seine Klavierparts, die nie das Virtuose streifen, musikantisch aus.
Ekkehard Pluta [10.02.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hans Sommer | ||
1 | Sommernacht op. 12 Nr. 2 | 00:02:47 |
2 | Am Strande op. 12 Nr. 4 | 00:01:48 |
3 | Winternacht op. 12 Nr. 12 | 00:01:35 |
4 | Erwachen op. 12 Nr. 14 | 00:01:54 |
5 | O weine nicht op. 18 Nr. 2 | 00:01:53 |
6 | All' mein Gedanken op. 18 Nr. 3 | 00:01:08 |
7 | Der Bote op. 9 Nr. 1 | 00:01:14 |
8 | Seliges Vergessen op. 9 Nr. 2 | 00:03:01 |
9 | Der Soldat op. 9 Nr. 4 | 00:01:06 |
10 | Nachts op. 9 Nr. 5 | 00:02:25 |
11 | Vesper op. 9 Nr. 8 | 00:02:08 |
12 | Auf einer Burg op. 9 Nr. 9 | 00:03:00 |
13 | Frau Venus op. 9 Nr. 10 | 00:02:09 |
14 | Canzonetta op. 10 Nr. 1 | 00:01:54 |
15 | Venetianisches Gondellied op. 10 Nr. 2 | 00:02:45 |
16 | Wenn erst der Wald entlaubt wird op. 10 Nr. 6 | 00:02:24 |
17 | Der arme Taugenichts op. 27 | 00:02:31 |
18 | Das Köhlerweib ist trunken op. 16 Nr. 7 | 00:01:38 |
19 | Wohl fühl' ich, wie das Leben rinnt op. 17 Nr. 2 | 00:02:37 |
20 | Triolett op. 17 Nr. 3 | 00:01:21 |
21 | Ach Lieb' ich muss nun scheiden op. 17 Nr. 5 | 00:01:25 |
22 | Abschied op. 17 Nr. 6 | 00:02:10 |
23 | Ganz leise op. 14 Nr. 2 | 00:02:26 |
24 | Sonnenuntergang op. 14 Nr. 3 | 00:03:04 |
Interpreten der Einspielung
- Jochen Kupfer (Bariton)
- Marcelo Amaral (Klavier)